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CDU-Politiker Roland Koch gegen doppelte Staatsangehörigkeit (15. Januar 1999)

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Wer ernsthaft an tragfähigen Lösungen interessiert ist, der muß bereit sein, Vorurteile zu überwinden und Fiktionen über Bord zu werfen. Er muß sich etwa vom überkommenen Bild des „Gastarbeiters“ lösen, der nach einigen Jahren der Arbeit in Deutschland wieder in sein Heimatland zurückkehrt. Die Wirklichkeit ist eine andere. Wir haben ausländische Arbeitskräfte zu uns gebeten, die inzwischen zu ausländischen Mitbürgern geworden sind und dauerhaft hier leben.

Das Zusammenleben von Ausländern und Deutschen ist Normalität in unserem Land. Deutschland ist weltoffen und ausländerfreundlich. Ausländische Mitbürger haben ihre Rolle in unserer Gesellschaft gefunden. Viele Wirtschaftsbereiche wären ohne sie nicht mehr vorstellbar. Ausländische Mitbürger sind Teil unserer Gesellschaft geworden, und wir bejahen dies. Aber wir wollen keine Bürger erster und zweiter Klasse – solche mit mehr und solche mit weniger Rechten. Über vier Millionen Menschen hätten nach dem Willen von Rot-Grün einen Anspruch auf die „doppelte Staatsbürgerschaft“. 80 Millionen Deutsche hätten diese Möglichkeit nicht.

Wir stehen für das faire Angebot, daß jeder, der unbescholten ist, seinen Lebensmittelpunkt und seine Zukunft in Deutschland sieht und über längere Zeit hier wohnt, Deutscher werden kann. Aber wir erwarten eine Entscheidung – und nicht ein beliebiges Sowohl-Als-auch. Notwendig ist der Wille zur Integration. Die Forderung nach guten Sprachkenntnissen ist keine Anmaßung, sie liegt auch im Interesse desjenigen, der sich in sein neues Umfeld integrieren will. Dieses wird um so eher gelingen, je mehr der ausländische Mitbürger bereit ist, sich auf die vielfältigen kulturellen Traditionen einzulassen, die unser Land seit Jahrhunderten geprägt haben.

Integration ist keine Einbahnstraße. Wir brauchen bei uns Toleranz gegenüber anderen Religionen, Gebräuchen und Sitten. Aber zugleich erwarten wir von anderen bei einem dauerhaften Leben in Deutschland auch eine Anpassung an die Lebensformen einer vom christlichen Abendland geprägten Gesellschaft. Deutschland ist offen für Gebetsräume und Gebetshäuser auch nichtchristlicher Religionen. Aber wir wollen, daß in Deutschland weiter Kirchenglocken läuten und nicht Muezzine rufen.

Wer ja sagt zur Integration, muß die Einbürgerung leichter machen. Es ist notwendig, bürokratische Hemmnisse weiter abzubauen und vor allem die Wartezeiten für den Anspruch auf Einbürgerung auf acht Jahre zu verkürzen. Besonders für die nachwachsende Generation muß das Verfahren einfacher gestaltet werden: Kinder ausländischer Eltern sollen – wenn die Eltern dies möchten – schon mit der Geburt eine „Einbürgerungszusicherung“ erhalten. Wenn sie dann später die ausländische Staatsbürgerschaft aufgeben, werden sie automatisch Deutsche.

Die Pläne der neuen Bundesregierung sehen dagegen vor, Deutschland die generelle „doppelte Staatsbürgerschaft“ aufzuzwingen. Ganz offensichtlich hat Rot-Grün schon nach wenigen Wochen Regierungszeit in Bonn die Bodenhaftung verloren. Mit der Unterschriftenaktion wird die Union deshalb SPD und Grüne auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Die CDU Hessen wird die Landtagswahl am 7. Februar auch zu einer Abstimmung über die Frage der generellen „doppelten Staatsbürgerschaft“ machen.



Quelle: Roland Koch, „Der Wille zur Integration ist nötig“, Die Welt, 15. Januar 1999.

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