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Politisches Testament Friedrichs II. („des Großen”)(1752)

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Politische Träumereien [Rêveries Politiques]

Soviel über das Grundlegende und Wesentliche, das man bei Führung der Geschäfte in diesem Staat beachten sollte. Kommen wir nun zu weniger fest Begründetem! Die Politik hat ihre Metaphysik, und so wie es keinen Philosophen gibt, dem es nicht Vergnügen gemacht hätte, ein System zu entwickeln, und der dabei seinem Schöpfertum gemäß nicht auch die abstrakten Dinge zu erklären unternommen hätte, ist es auch den Politikern erlaubt, sich auf dem weiten Feld bloß eingebildeter Vorhaben zu tummeln, die manchmal wahr werden können, wenn man sie nicht aus dem Auge verliert, und ein paar Generationen nacheinander das gleiche Ziel anstreben und dabei geschickt genug sind, ihre Absichten sicher vor den neugierigen und durchdringenden Blicken der europäischen Mächte zu verbergen.

Machiavelli sagt, eine uneigennützige Macht, die zwischen ehrgeizigen Mächten steht, müsse schließlich untergehen. Es tut mir zwar leid, aber ich muß zugeben, Machiavelli hat recht. Fürsten müssen notwendigerweise Ehrgeiz besitzen, er muß aber mit Klugheit gepaart, maßvoll und vernunftbeherrscht sein. Wenn der Wunsch nach Zunahme seines Besitzes dem politisch aktiven Fürsten auch keinen Landerwerb bringt, so stärkt er doch seine Macht; denn die gleichen Mittel, die er offensiv einzusetzen gedenkt, stehen ja auch immer zur Verteidigung des Staates bereit, falls diese notwendig wird und er sich zu ihr gezwungen sieht.

Man breitet seine Macht auf zweierlei Weise aus, durch reiche Erbschaften oder durch Eroberungen. [ . . . ]


Über Erbfolgen, die sich für das Königshaus ergeben können

[ . . . ]

[In diesem Abschnitt werden die Länder aufgezählt, die das Oberhaupt des Hauses Hohenzollern aufgrund des Erbrechts beim Aussterben der vorherigen Herrscherlinie für sich beanspruchen könne: Diese sind die Markgrafschaften von Bayreuth und Ansbach, Preußens Anrecht auf jene wird als „unanfechtbar“ beschrieben (tatsächlich wurden sie ab 1769 in Personalunion regiert und fielen 1791 zurück an Preußen), und Mecklenburg, in dessen Fall Friedrich zu gibt, dass sein Anspruch zweifelhaft sei, aber die Frage nicht dränge, da die Herrscherlinie nicht vom Aussterben bedroht sei. Der folgende Abschnitt handelt von dem wesentlich umstritteneren Fall, der später zum Hauptopfer von Bismarcks Rotstift werden sollte:]

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