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Elitenaustausch (2001)

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An den wissenschaftlichen Einrichtungen gab es noch eine letzte Möglichkeit, wenn im Rahmen der politischen Überprüfung kein Entlassungsgrund zu finden war. Eine Kommission, ausschließlich oder überwiegend aus westdeutschen Kolleginnen und Kollegen zusammengesetzt, führte fachliche Überprüfungen durch, die häufig von einem hohen Maß an Willkür und Subjektivismus gekennzeichnet waren. Es genügte, wenn die Mitglieder der Kommission mehrheitlich feststellten, dass die wissenschaftliche Qualität der bisherigen Veröffentlichungen der Wissenschaftlerin oder des Wissenschaftlers aus der DDR nicht ausreichte. Damit hatte die beziehungsweise der Überprüfte die fachliche Evaluierung nicht überstanden und musste gehen.

Ein besonders effizientes Instrument zur Abwicklung ostdeutscher Eliten war die Schließung von Einrichtungen. Da es in Ost- und Westberlin zum Beispiel jeweils eine Akademie der Wissenschaften gab, war auch klar, welche Akademie bleiben würde. Die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die der Akademie der Wissenschaften der DDR angehörten, wurden auf diese Art entlassen oder vorübergehend woanders untergebracht.

Aber auch wenn Einrichtungen oder Institutionen nicht aufgelöst wurden, musste der Bestand an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern regelmäßig aus ökonomischen und Effizienzgründen erheblich reduziert werden. So wurden fast alle Forscherinnen und Forscher aus den Betrieben der DDR entlassen, indem die Unternehmen, zumindest aber deren Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, geschlossen wurden.

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Quelle: Gregor Gysi, Ein Blick zurück, ein Schritt nach vorn. Hamburg: Hoffmann und Campe, 2001, S. 125-26, 129-32. Copyright © 2001 by Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg.

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