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15 Jahre nach dem Fall der Mauer (30. September 2004)

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Umstrittene Köhler-Aussage

Bei einer Bewertung der zukünftigen Entwicklung zeigen sich die Befragten jedoch gespalten: Unter den Bundesbürgern, die heute vorwiegend Ost-West-Unterschiede reklamieren, glaubt etwa die Hälfte, dass dies auch noch in zehn Jahren der Fall sein wird. Die andere Hälfte rechnet zumindest bis dahin mit einem Übergewicht an Gemeinsamkeiten.

Unabhängig davon, was nun wo überwiegt, stützen 68 Prozent der Befragten die Aussage des Bundespräsidenten, wonach man in Deutschland mit unterschiedlichen Lebensverhältnissen dauerhaft leben müsse, 29 Prozent stimmen dem nicht zu.

Allerdings gibt es zum Statement Horst Köhlers in Ost und West abweichende Kommentare: Dass man sich auch langfristig mit unterschiedlichen Bedingungen arrangieren müsse, wollen im Westen 25 Prozent, im Osten aber 46 Prozent nicht gelten lassen.

Meinungsverschiedenheiten zum Aufbau Ost

Beim Thema Löhne und Gehälter ist das anders: Die hier existierenden Unterschiede zwischen beiden Teilen der Republik halten 61 Prozent aller Befragten – 86 Prozent im Osten, aber auch 55 Prozent im Westen – für ungerecht, insgesamt 33 Prozent bezeichnen die Differenzen beim Verdienst als angemessen, wobei im Westen mit 38 Prozent deutlich mehr Befragte als im Osten mit 12 Prozent von „gerechten“ Unterschieden sprechen.

Erhebliche Meinungsverschiedenheiten gibt es auch zum Thema „Aufbau-Ost“: Bei der Bewertung des Fördervolumens bemerken 4 Prozent der Ostdeutschen, aber schon 50 Prozent der Westdeutschen, dass die neuen Bundesländer „zu viel“ finanzielle Unterstützung aus Steuermitteln erhalten.

Insgesamt geht 41 Prozent aller Deutschen die steuerfinanzierte Unterstützung zu weit, 38 Prozent klassifizieren diese als passend, 11 Prozent bemängeln zu geringe Leistungen für den „Aufbau Ost“ und 11 Prozent können dies nicht beurteilen.

Fast niemand glaubt, selbst von der Einheit zu profitieren

Schließlich hängt auch die Bewertung, wer am ehesten von der Einheit profitiert hat, maßgeblich vom Wohnort der Befragten ab – der eigene ist es allerdings in den wenigsten Fällen: Denn während im Westen der Republik mit 47 Prozent fast jeder Zweite die Ostdeutschen als hauptsächliche Nutznießer der Wiedervereinigung benennt, ist dies im Osten selbst mit 15 Prozent nur gut jeder Sechste.

Umgekehrt bezeichnen 35 Prozent der Ostdeutschen die Menschen im Westen der Republik als überwiegende Profiteure, im Westen selbst sehen sich nur 10 Prozent als Gewinner. Allerdings proklamieren im Osten auch 37 Prozent sowie im Westen 20 Prozent der Befragten, dass die Einheit beiden Seiten gleichermaßen genutzt hat, 11 Prozent im Osten und 19 Prozent im Westen sagen „keinem von beiden“.

Aus gesamtdeutscher Perspektive bezeichnen 41 Prozent aller Bundesbürger eher die Ostdeutschen und 15 Prozent eher die Westdeutschen als Profiteure der Vereinigung. 24 Prozent haben den Eindruck, dass der Nutzen auf beiden Seiten gleichermaßen verteilt ist, 18 Prozent aller Deutschen sehen weder hier noch dort Gewinner der Einheit.

Für das Politbarometer-Extra zur Deutschen Einheit hat die Forschungsgruppe Wahlen zwischen dem 21.09 und dem 23.09.2004 republikweit 1683 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte telefonisch befragt. (West: 999; Ost: 684).



Quelle: „Einigkeit mit Recht und Freiheit“, Süddeutsche Zeitung (Online-Ausgabe), 30. September 2004.

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