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Friedrich List: Auszug aus Das Nationale System der politischen Oekonomie (1841)

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Seit einem Vierteljahrhundert wirkt das englische Prohibitiv- und Schutzsystem gegen England und zum Vortheil der neben ihm aufstrebenden Nationen.

Am nachtheiligsten wirken gegen England seine eigenen Einfuhrbeschränkungen fremder Rohstoffe und Lebensmittel.

Handelsunionen und Handelsverträge sind die wirksamsten Mittel, den Verkehr zwischen verschiedenen Nationen zu erleichtern.

Handelsverträge sind aber nur legitim und von Bestand, wenn die Vortheile wechselseitig sind. Schädliche illegitime Handelsverträge sind solche, wodurch eine bereits in der Entwickelung begriffene Manufakturkraft einer andern Nation zum Opfer gebracht wird, um Concessionen für die Ausfuhr von Agrikulturprodukten zu erlangen, die Methuen-, die Löwenverträge.

Ein solcher Löwenvertrag war der zwischen England und Frankreich im Jahre 1768 abgeschlossene. Alle Anträge, welche seitdem von England an Frankreich und an andere Nationen gestellt worden, sind von derselben Natur.

Wenn der Schutzzoll für einige Zeit die inländischen Manufakturwaaren vertheuert, so gewährt er in Zukunft wohlfeilere Preise, in Folge der inländischen Concurrenz; denn eine zur vollständigen Ausbildung gelangte Industrie kann die Preise ihrer Fabrikate um so viel wohlfeiler stellen, als die Verführung der Rohstoffe und Lebensmittel und die Einführung der Fabrikate an Transport und Handelsgewinnsten kostet.

Der durch die Schutzzölle verursachte Verlust der Nation besteht jedenfalls nur in Werthen, dagegen gewinnt sie Kräfte, vermittelst welcher sie für ewige Zeiten in den Stand gesetzt wird, unberechenbare Summen von Werthen zu produciren. Dieser Aufwand an Werthen ist demnach nur als der Preis der industriellen Erziehung der Nation zu betrachten.

Der Schutzzoll auf Manufakturwaaren fällt nicht den Agrikulturisten der beschützten Nation zur Last. Durch das Emporkommen einer inländischen Manufakturkraft wird der Reichthum, die Bevölkerung und damit die Nachfrage nach Agrikulturprodukten, folglich Rente und Tauschwerth des Grundeigenthums außerordentlich vermehrt, während mit der Zeit die Manufakturbedürfnisse der Agrikulturisten im Preise fallen. Diese Gewinnste übersteigen die durch vorübergehende Erhöhung der Manufakturwaarenpreise den Agrikulturisten zugehenden Verluste zehnfältig.

Ebenso gewinnt der äußere und innere Handel in Folge des Schutzsystems, denn nur bei Nationen, welche ihren innern Markt selbst mit Manufakturprodukten versorgen, ihre Agrikulturprodukte selbst consumiren und fremde Rohstoffe und Lebensmittel gegen ihren eigenen Ueberfluß an Manufakturwaaren vertauschen, ist der innere und äußere Handel von Bedeutung. Bei bloßen Agrikulturnationen der gemäßigten Zone sind beide unbedeutend, und der auswärtige Handel solcher Nationen befindet sich in der Regel in den Händen der mit ihnen in Verkehr stehenden Manufaktur- und Handelsnationen.

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