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Emil Lehmanns Petition zur Verbesserung der Rechtsverhältnisse der Juden in Sachsen (25. November 1869)

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Es blieb indes bei den Worten: „in der Regel“, weil in Rücksicht auf die Juden, die nicht sächsische Staatsbürger sind, sowie hinsichtlich andrer Nichtchristen z. B. der Mohamedaner und Heiden allerdings Ausnahmen fortbestehen. [Siebenhaar a. a. O. S. 85.]

Nachdem nunmehr diese Ausnahmen sämmtlich mit der älteren Fassung des § 33 der Verfassungsurkunde ihre Beseitigung gefunden, macht sich der Wegfall der Worte: „in der Regel“ in § 51 des bürgerlichen Gesetzbuches nothwendig, wenn auch hierzu die Form einer Verordnung nicht ausreicht.

4. Weit empfindlicher aber als eine Weglassung, berührt die Aufstellung und Erneuerung einer mit § 33 der Verfassungsurkunde in Widerspruch stehenden Beschränkung, wie sie in § 2 der angezogenen Verordnung zu lesen und oben wörtlich wiedergegeben ist. Die hiermit ausgesprochene und wiederholte Bestimmung unabänderlich beizubehaltender Vor- und Zunamen ist an sich – und mit Vorbehalt einzelner in außerordentlichen Fällen zu statuirender Dispensationen – im Interesse der Rechtssicherheit ganz zweckmäßig und nothwendig – aber nicht für Juden allein, sondern für Jedermann. Gleichwohl fehlt es unserer vaterländischen Gesetzgebung an einer diesfalsigen allgemein gültigen Gesetzesnorm, wie denn auch bei Proselytentaufen und sonst schon vielfach Namensänderungen ohne obrigkeitliche oder regierungsseitige Genehmigung mit Erfolg bewirkt worden sind, um von der in früherer Zeit üblich gewesenen eigenmächtigen Umgestaltung der Vornamen in deren lateinische, griechische, französische und englische Uebersetzung (Gottlieb in Theophil, Johann in Jean u. s. w.) zu schweigen. Wenn nun auch das Königliche Ministerium des Innern, besage einer vor wenigen Wochen publizirten Verordnung, von der Anschauung ausgeht: es sei der Grundsatz der Unabänderlichkeit von Vornamen christlicher Staatsangehöriger zeither schon befolgt und fernerweit zu befolgen, so mangelt es für diesen Grundsatz an einer, an sich wünschenswerthen gesetzlichen Grundlage, so daß insbesondere nach dem Satze: „was nicht verboten, ist erlaubt“, das mit der väterlichen Gewalt verbundene Recht der Namensgebung, das der Namensänderung nicht ausschließt.

Fehlt es aber an einem Gesetz hinsichtlich der Unabänderlichkeit der Vor- und Zunamen für alle Staatsangehörigen, so widerstreitet es dem nunmehrigen § 33 der Verfassungs-Urkunde, solche einer einzelnen Kategorie von Religionsgenossen zur Pflicht zu machen, und damit immer wieder eine Beschränkung aus konfessionellen Gründen zu statuiren.

Die betreffende Bestimmung stützt sich auf § 9 des Gesetzes, vom 16. August 1838 [G.- u. V.-Blt. v. 1838. S. 396] und § 8 der dazu unter gleichem Datum ertheilten Ausführungsverordnung [eod. Seite 399].

Ersteres Gesetz, erlassen, um – wie es im Eingange heißt – „den bürgerlichen Verhältnissen der hierländischen Juden thunliche Verbesserung zu gewähren“, ordnet an, daß, „soweit es nicht schon geschehen“, jeder inländische Jude einen bestimmten erblichen Familiennamen anzunehmen und zur Genehmigung der Ortsobrigkeit anzuzeigen hat.

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