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Heimlich aufgezeichnete Unterhaltungen deutscher Kernphysiker auf Farm Hall (6./7. August 1945)

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HEISENBERG: Wir hätten gar nicht den moralischen Mut aufgebracht, im Frühjahr 1942 der Regierung zu empfehlen, 120 000 Mann einzustellen, nur um die Sache aufzubauen.

WEIZSÄCKER: Ich glaube, es ist uns nicht gelungen, weil alle Physiker im Grunde gar nicht wollten, daß es gelang. Wenn wir alle gewollt hätten, daß Deutschland den Krieg gewinnt, hätte es uns gelingen können.

HAHN: Das glaube ich nicht, aber ich bin dankbar, daß es uns nicht gelungen ist.

[ . . . ]

HEISENBERG: Es ist möglich, daß der Krieg morgen vorbei ist.

HARTECK: Am Tag darauf gehen wir nach Hause.

KORSCHING: Wir werden nie wieder nach Hause gehen.

HARTECK: Wenn wir weitergekommen wären, hätte uns der Secret Service umgebracht. Wir sollten froh sein, daß wir noch leben. Laßt uns den Abend in diesem Geiste feiern.

DIEBNER: Prof. Gerlach wäre SS-Obergruppenführer geworden und säße jetzt in Luxemburg als Kriegsverbrecher.

KORSCHING: Wenn man nicht den Mut hat, ist es besser, sofort aufzugeben.

GERLACH: Machen Sie doch nicht immer so aggressive Bemerkungen.

KORSCHING: Die Amerikaner konnten es eben besser als wir, das ist mal klar.

(Gerlach verläßt den Raum)

HEISENBERG: Die Beziehungen zwischen Wissenschaftler und Staat waren in Deutschland derart, daß wir einerseits nicht hundertprozentig dazu entschlossen waren und daß andererseits der Staat uns so wenig Vertrauen entgegenbrachte. Selbst wenn wir gewollt hätten, wäre es nicht leicht gewesen, die Sache durchzukriegen.

DIEBNER: Weil die offiziellen Leute nur an Sofortergebnissen interessiert waren. Sie wollten nicht auf einer langfristigen Basis arbeiten, wie es Amerika gemacht hat.

WEIZSÄCKER: Selbst wenn wir alles bekommen hätten, was wir wollten, ist es keinesfalls sicher, ob wir so weit gekommen wären, wie die Amerikaner und die Engländer jetzt gekommen sind. Es geht nicht darum, daß wir fast so weit wie sie waren, vielmehr ist es eine Tatsache, daß wir alle davon überzeugt waren, daß die Sache während des Krieges nicht zu Ende gebracht werden konnte.

HEISENBERG: Nun, das stimmt nicht ganz. Ich würde sagen, ich war absolut von der Möglichkeit überzeugt, daß wir eine Uranmaschine machen, aber ich habe nie gedacht, daß wir eine Bombe machen würden, und im Grunde meines Herzens war ich wirklich froh, daß es eine Maschine sein sollte und nicht eine Bombe. Das muß ich zugeben.

[ . . . ]

(Hahn verläßt den Raum)

WEIZSÄCKER: Wenn wir die Sache rechtzeitig genug angefangen hätten, hätten wir es irgendwie schaffen können. Wenn die die Sache im Sommer 1945 zum Abschluß bringen konnten, hätten wir vielleicht das Glück gehabt, damit schon im Winter 1944/45 fertig zu werden.

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