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Aufruf gegen den Bau einer chemischen Fabrik im Ruhrgebiet (um 1874)

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Noch vor ganz kurzer Zeit, am 31. März d. J., brachte die Köln. Zeitung die Mittheilung, daß laut chemischer Untersuchungen fast sämmtliches Brunnenwasser in Barmen vergiftet sei, und zwar theilweise durch das verdorbene Wasser der Wupper, und dann auch wohl durch Ablagerung chemischer Stoffe und Abfälle, deren schädliche Substanzen, durch Regen angefeuchtet, mehr oder weniger in die Erde ziehen und sich auf diese Weise dem Brunnenwasser mittheilen. Leider ist im Wuppertale eine plötzliche Abhülfe dieses gewiß sehr großen Uebelstandes wegen langjähriger Privilegien nicht gut ausführbar und wird das Wasser der Wupper ja auch nur zu Fabrik-Zwecken, Waschungen etc. gebraucht. Hier an der Ruhr aber haben wir bis jetzt so zu sagen keine für das Trinkwasser und die Fischzucht schädliche Industrie, und dürfen wir daher wol hoffen, daß die Verwaltungen der unterhalb Horst belegenen Wasserwerke, sowie auch die betreffenden Behörden geeigneten Orts gegen die Anlage protestiren werden.

So ist zu hoffen, daß die Königl. Regierung in einer Zeit, wo der Ackerwirtschaft mit Recht besondere Aufmerksamkeit zugewandt, ja sogar staatlicher Schutz in Aussicht gestellt wird, und wo das Reichs-Gesundheits-Amt nach vielen Seiten wirkt, nicht einer, der Vegetation und menschlichen Gesundheit schädlichen Industrie in einer so bevölkerten Gegend wie die hiesige, mit Rücksicht auf einige Sonder-Interessen, die Conzession ertheilen wird. Um aber alles zu thun, was Privatpersonen hierbei zu thun vermögen, müssen die Bewohner der bedrohten Gegend sich zu einem gemeinsamen Proteste vereinen, um auf diese Weise die bevorstehende Gefahr fernzuhalten.

Proteste gegen den Bau der Fabrik sind bis zum 10. Juni bei Herrn Amtmann Schumacher in Hattingen anzubringen.



Quelle: Hauptstaatsarchiv Düsseldorf 35949 [Die Druckschrift ist nicht datiert; ihre Einordnung innerhalb der Akte läßt darauf schließen, daß sie ca. 1874 erstellt wurde].

Originaltext wieder veröffentlicht in Franz-Josef Brüggemeier und Thomas Romelspacher, Blauer Himmel über der Ruhr. Geschichte der Umwelt im Ruhrgebiet 1840-1990. Essen: Klartext, 1992, S. 130-33.

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