GHDI logo

Der Einfluss der Leihbibliotheken auf den Romanabsatz (1884)

Seite 7 von 8    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


Lassen wir nun die Zahlen sprechen, welche der Bericht einer Sortimentsfirma in Leipzig im Magazin für Literatur aufstellt. Daselbst wurden abgesetzt von October bis inclusive Januar 1884 an Romanen: von Dahn 71 Bände, von Ebers 101, Eckstein* 111, Freytag 186, Hopfen** 7, Marlitt*** 11, Keller 28 und Meyer 55 Bände. Von Scheffel’s Ekkehard wurden in derselben Zeit 60 Exemplare, von Spielhagen’s Uhlenhans+ 20 und von Wolff’s Sülfmeister++ 35 abgesetzt. Wenn das in einer Buchhandlung binnen vier Monaten gekauft worden ist, so darf man wohl nicht behaupten, daß das Publicum keine Romane mehr kaufe. Die Beschränkung der Käufer auf wenige und gute Artikel und anerkannte Schriftsteller sollte indessen unseres Erachtens wohl zur Vorsicht mahnen.

Dieser lehrreiche Bericht beweist zugleich, daß die Leihbibliotheken dem Absatze nicht hinderlich sind; denn alle die genannten Romane werden vorzugsweise und in größerer Zahl durch die Leihbibliotheken verbreitet; selbst die kleinste kann ihrer nicht entrathen; und daß diese heute in dem Maße gekauft werden, daran hat die Leihbibliothek kein geringes Verdienst. Zahlen sprechen stets am deutlichsten; daher sei hier noch erwähnt, daß im Jahre 1883 bloß an Romanen und Novellen mit Ausschluß zweiter Auflagen und Dramen, Poesien, Jugendschriften etc. zusammen 441 Bände erschienen, im Gesammtladenpreise von 1347 Mark.

Daß eine solche Production von 441 Bänden das Bedürfniß selbst für die Leihbibliotheken bei Weitem übersteigt, beweist, daß von diesen im Literar-Institute Last in Wien nur eine Auswahl von 208 Bänden aufgenommen worden ist, und zwar: in je 7 bis 15 Exemplaren 181 Bände, in je 20 bis 40 Exemplaren 20 Bände; in je 60 Exemplaren 2, in je 80 Exemplaren 2, und in 110 Exemplaren 3.


* Ernst Eckstein (1845–1900), Romancier und Feuilletonist, 1874–82 Herausgeber der Deutschen Dichterhalle.
** Hans Hopfen (1835–1904), hauptsächlich Romancier, Mitglied des Münchner Dichterkeises, 1888 nobilitiert.
*** Eugenie Marlitt (eigentlich E. John, 1825–1887), Autorin sozialkritischer Trivialromane, die sowohl im Vorabdruck der Gartenlaube als auch in den Buchausgaben überaus erfolgreich waren.
+ Erschienen 1884.
++ Erschienen 1883 (2 Bde).

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite