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Stenographische Niederschrift (Teilübertragung) der interministeriellen Konferenz im Reichsluftfahrtministerium (12. November 1938)

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Das sind natürlich Dinge, die unmöglich sind. Ich werde nicht davor zurückscheuen, dort, wo unsauber verfahren wird, rücksichtslos einzugreifen. Sollte es sich um eine prominente Person handeln, die das Delikt ermöglicht, so werde ich binnen zwei Stunden beim Führer sein und diese Schweinerei ganz nüchtern vortragen.

Wir müssen darauf drängen, daß der Arier, der das Geschäft übernimmt, aus der Branche ist und davon etwas versteht. Er muß normalerweise auch das Geld für das Geschäft aus Eigenem aufbringen. Anzustreben ist also ein normaler Geschäftsverkauf, wie er heute zwischen zwei Kaufleuten — dem einen, der sein Geschäft verkaufen will, und dem andern, der es kaufen will — stattfinden würde.

Sind nun unter den Bewerbern Parteigenossen, so sind sie, wenn sie dieselben Bedingungen erfüllen, vorzuziehen, und zwar selbstverständlich in erster Linie der Geschädigte, dann ungefähr dem Parteialter nach.

Es können nun natürlich Ausnahmen stattfinden. Ein Parteigenosse ist nachweisbar dadurch geschädigt worden, daß ihm der Staat Schuschnigg oder Prag die Geschäftskonzession entzogen hat, daß er dadurch Pleite ging und kaputtgemacht wurde. Dieser Mann hat normalerweise Anrecht auf das Geschäft, und ihm wird auch geholfen, wenn er nicht die Mittel dafür besitzt. Die Treuhand kann das umso eher machen, je geschäftstüchtiger sie im sonstigen Verkehrsgang der Überführung verfährt. Diesem Parteigenossen kann das Geschäft möglichst billig übertragen werden. Man wird hier nicht den vollen Wert herausholen, sondern nur den Sperrwert, den der Jude bekommt. Unter Umständen wird man dem Mann auch noch ein Stützungsdarlehn geben, damit er zunächst zurecht kommt.

Ich betone aber noch einmal ausdrücklich: das kommt nur dort in Frage, wo der Parteigenosse ein solches Geschäft hatte, etwa in folgendem Fall: Ein Parteigenosse hatte ein Schreib- und Papierwarengeschäft. Schuschnigg hat ihm die Konzession entzogen. Er hat das Geschäft verloren und ist dadurch Pleite gegangen. Wenn jetzt ein jüdisches Papierwarengeschäft arisiert wird, soll dieser Parteigenosse hineingesetzt werden, möglichst zu Bedingungen, die er erfüllen kann. Das ist aber die einzige Ausnahme. Sonst muß kaufmännisch verfahren werden, wobei natürlich, wie ich eben schon sagte, der Parteigenosse jeweils den Vorzug hat, wenn die Bewerber gleich sind.

Bei der Übertragung wird sich nun, wenn wir den Verkehrswert zugrunde legen, selbstverständlich ergeben, daß auf 100 zu übertragende jüdische Geschäfte bestenfalls vielleicht 60 Arier kommen, die bereit sind, die Läden zu übernehmen. Ich glaube nicht, daß wir heute für jedes jüdische Ladengeschäft einen Deutschen besitzen, der es erwerben will. Vergessen Sie doch nicht, daß der Jude sein Hauptbetätigungsfeld gerade im Handel gesehen hat. Hier steckt er doch zu 90% drinnen. Ob wir überhaupt so viel Nachfrage, ja ob wir überhaupt so viele Menschen haben, bezweifle ich, zumal jetzt, wo die Leute überall ein Betätigungsfeld gefunden haben.

Darum bitte ich den Herrn Wirtschaftsminister, mir in der Stilllegung der Geschäfte von vornherein sehr weit, außerordentlich weit zugehen, nicht nur so weit, als wir es selbst nach unserem Prinzip für richtig halten, sondern auch von dem Gedankengang ausgehend, daß hierfür keine Bewerber da sind. Das muß also absolut in Ordnung sein.

Die Übertragung der Läden und Geschäfte wird man selbstverständlich den unteren Stellen überlassen müssen, nicht hier der Zentrale, sondern den Gauen bzw. der Reichsstatthalterschaft. Hier müssen Vertreter der Treuhandgesellschaft sitzen, wenn es auch nur sehr wenige Leute sind. Der Statthalter kann das nicht mit seinen Leuten, sondern das muß die Treuhand übernehmen. Aber der Statthalter ist derjenige, der nun nach den Richtlinien, die ihm gegeben sind, die Treuhand unterstützt, sie beaufsichtigt und ihr gerade in diesen Dingen der Übergabe an Parteigenossen Anweisungen gibt.

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