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Himmlers Geheimrede vor höheren Funktionären des Reichssicherheitshauptamtes (30. Januar 1943)

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Es war auch an Heydrich so unübertrefflich – und in dem Sinne hat er Sie erzogen –, dass er immer stand, dass er nie nachgab und dass er von einem unbeugsamen Willen und einer unbeugsamen Angriffslust war. Wir sind angetreten und wir werden – ich weiss, das ist bei Ihrem neuen Chef nicht anders – immer wieder antreten, geistig und tatsächlich im Kampf, genauso wie unsere Divisionen an der Front. Es wird angegriffen. Wenn 10 mal angegriffen worden ist, wird das 11. mal angegriffen. Wenn 70mal angegriffen worden ist, wird auch das 71. mal angegriffen. Ich greife hier nicht lediglich eine Zahl heraus, sondern nehme einen Fall, der bei einer unserer Divisionen vorgekommen ist, die im Laufe eines Jahres 72 Angriffe mit ihrem Kommandeur an der Spitze gemacht hat. Und wenn ein 73. mal angegriffen werden muss, wird es getan. Solange ein Mann noch den Finger am Hahn krumm machen kann, wird der Hahn krumm gemacht und wird gefochten. Wenn man so kämpft und angreift, ist man unüberwindlich. Genau dasselbe gilt für uns SS-Männer alle geistig. Es werden unendlich viele Probleme auftauchen. Es tauchen heute Probleme auf. Ich kenne die Probleme der Wirtschaft, die Probleme der Plutokratie. Ich kenne die Probleme, dass unser Volk, in manchen Dingen falsch erzogen, zur Arbeit nicht die richtige Einstellung hat, dass wir an manchen Stellen zuviel Rechte versprochen haben und zu wenig von Pflichten gesprochen haben, dass wir die ganze Religionsfrage aufzurollen haben, dass es da mit dem Negativen nicht getan ist, dass wir uns hüten müssen, irgendeinen neuen Pfaffendienst nach dem Kriege einzuführen. Ich weiss, dass die Frage, ob wir ein sterbendes oder ein wachsendes Volk sind, noch in keiner Weise gelöst ist, dass Kinderbeihilfen, Steuerermässigungen, Häuser usw. noch niemals auf diesem Gebiet geholfen haben, dass nur eine religiöse Einstellung zu diesen Dingen, eine innere Umkehr helfen kann. Seien Sie überzeugt, wenn wir 70 und 80 Jahre alt werden, wenn das Schicksal uns solange leben lässt, haben wir in jedem Jahr unseres Lebens immer wieder anzutreten.

Der Sicherheitsdienst, dieses politische Hauptamt der SS, hat hier an der Spitze zu marschieren, ohne jemals etwas zu überstürzen, ohne jemals selbst Politik zu machen. Es hat vielmehr immer nur politisch zu arbeiten, wie es befohlen ist. Es muss in sich die Männer erziehen, die Heydrich zu erziehen begonnen hat, die Kaltenbrunner weiter erziehen wird, die Männer, die auf dem weltanschaulichen Gebiet fertig sind, die niemals von der Linie abweichen, die aber niemals in der Durchführung stur und ungeschmeidig sind, die stur im Willen, stur im Ziele sind, aber von den wirklichen Dingen unserer Weltanschauung nicht ein bisschen hergeben. Deswegen werden wir niemals Jesuiten; denn das verachten wir. Wir werden niemals Sektierer werden. Wir werden grosszügig sein, wie ein alter Heide nur grosszügig sein kann. Wir glauben an einen Herrgott, und wie einer, der an einen Herrgott glaubt, nur grosszügig sein kann, wollen wir auch grosszügig sein. So seid ihr von Heydrich und von mir in 12 Jahren erzogen worden.

Heydrich ist vor nunmehr fast 3/4 Jahren in seinem Jugendalter aus seinem Schaffen herausgerissen worden. Er war ein Zukunftsmann. Mit dem Schicksal lässt sich nicht rechten, es ist so. Die Monate bis zum heutigen Tag habe ich die Führung des Reichssicherheitshauptamtes selbst übernommen, weil ich eine Zeit dazwischen legen wollte. Das vor uns liegende Jahr fordert sehr viel von uns. Auf jedem Schiff muss die Kommandobrücke besetzt sein. Es kann nicht jemand die Flotte und nebenher ein Schiff führen. Ich habe mir deswegen lange überlegt, wen ich zum Kommandanten des Schiffes machen sollte. Nach langen, reiflichen Überlegungen ist meine Wahl auf einen meiner Ältesten gefallen, auf den Gruppenführer Kaltenbrunner. Wir kennen einander viel länger, als er offiziell den SS-Rock trägt. Ich kenne ihn, und wir kennen uns seit der Zeit, als er aus der Zahl der unbekannten Nationalsozialisten in der Ostmark sich als Führer der illegalen SS herausschälte. Es ist immer eine gute Schule für einen Reichsführer-SS und für einen Hauptamtschef der SS, besonders aber für einen Chef des Reichssicherheitshauptamtes, wenn er lange genug illegal war. Ich glaube, Kaltenbrunner, dass diese Zeit, wo Sie in der Ostmark wirklich erprobt wurden, erprobt in Ihrem Stehvermögen, in Ihrer Art und Ihrer Kraft, mit Ihre beste Lebensschule und – damals unbewusst – die beste Vorbereitung für Ihre neue Aufgabe war, die Sie jetzt übernehmen.

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