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Auszug aus dem Staats-Lexikon: „Constitution” (1845-1848)

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8) Daher ist auch in Ansehung der Gottesverehrung jeder Unterthan schuldig, der von der absoluten Gewalt ihm vorgeschriebenen Confession zu huldigen; und die Duldung einer andern Confession als jener, zu welcher der Inhaber der obersten Gewalt sich selbst bekennt, ist nur Ausfluß seiner Gnade. Ebenso kann von einem selbstständigen Auswanderungsrecht keine Rede sein. Der auf dem Staats-, d. h. Regierungs-Gebiet Geborene oder dahin Eingewanderte ist Höriger oder Leibeigener der Staatsgewalt und kann ohne derselben – frei zu gewährende oder zu verweigernde – Erlaubniß nimmermehr das Herrschaftsgebiet verlassen.

9) Es giebt kein Staatsvermögen im Sinne der constitutionellen Theorie. Alles sogenannte öffentliche Vermögen ist Eigenthum der Regierung oder ihres jeweiligen Hauptes. Seine Verfügungsgewalt darüber ist unumschränkt, ohne Unterschied, ob zu persönlichen oder zu öffentlichen Zwecken. Er hat also rücksichtlich der ersten sich keineswegs auf eine ihm auszuwerfende Civilliste zu beschränken, und was die letzten wie die ersten betrifft, so ist das Vermögen sämmtlicher Unterthanen zur Bedeckung des von dem Herrscher zu bestimmenden Bedarfes der von ihm frei zu verordnenden Besteuerung unterworfen. Ebenso steht ihm auch die Befugniß zu, über die persönlichen Dienste der Unterthanen in Frieden und Krieg nach Belieben zu verfügen, also namentlich auch zum Soldatendienst auszuheben, so Viele und auf so lange als ihm gefällt.

10) Die Diener des Herrn sind nur ihm allein verantwortlich, und wer nach seinem, des Herrn, Willen gehandelt hat, darf Niemandem in der Welt darüber zur Rede stehen. Ihm, dem Herrn, dagegen sind Alle verantwortlich, welche, unter was immer für einem Titel, sich misfällig über seine Regierungshandlungen geäußert oder gar ein Hemmniß seinen Verordnungen entgegenzusetzen sich erkühnet hätten. –

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Welches der beiden Systeme, das constitutionelle oder das absolutistische, wird allernächst die Herrschaft erringen in Europa? – Wenn man die entschiedene – auch unter der sorgsamsten Verschleierung erkennbare – Richtung der Diplomatie, wenn man die in den meisten Ländern zu Tage liegenden ministeriellen Tendenzen, wenn man den zumal in dem Kanzlei-Styl und Hof-Ceremoniel sich tagtäglich offener kund thuenden orientalischen Ton und die bald alles Maß überschreitende, gewiß selbst den Machthabern zum Ekel gereichende Servilität der Zeitungsschreiber und die wie Anbetung lautenden Phrasen der Berichterstatter über die kleinsten Begegnisse, Handlungen oder Aeußerungen fürstlicher Personen oder ihrer Angehörigen, zumal die Aeußerungen des Entzückens ganzer Bevölkerungen über die auch nur augenblickliche Anwesenheit einer solchen Person in einer Stadt oder Landschaft u. s. w. betrachtet; so sollte man glauben, der Absolutismus sei nicht nur auf dem Wege zur Herrschaft, sondern bereits darin vollkommen befestiget. Wenn man aber von den

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