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Auszug aus dem Staats-Lexikon: „Constitution” (1845-1848)

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9) Das Staatsvermögen darf nur zu öffentlichen, vom Gesammtwillen gebilligten Zwecken verwendet werden, und seine Verwaltung besteht unter der controlirenden Mitaufsicht der Volksrepräsentation. Die dem fürstlichen Hause (überhaupt den regierenden Personen und Familien) privatrechtlich zustehenden Güter bleiben natürlich von solcher Controle frei; und es wird außerdem für den würdigen Unterhalt des Monarchen und seines Hauses durch eine angemessene, auf das Staatsgut anzuweisende Civilliste (auch Apanagen u.s.w.) gesorgt.

10) Der constitutionelle Monarch ist für seine Person unverantwortlich. Dagegen sind seine sämmtlichen Gewaltsträger (überhaupt Regierungs- oder Staatsdiener) für den treuen und verfassungsmäßigen Gebrauch der ihnen anvertrauten Gewalt – nicht nur jeder seiner nähern oder entferntern Oberbehörde und endlich dem König selbst – sondern, und zwar vorzugsweise die Minister oder obersten Staatsdiener, auch der Volksrepräsentation verantwortlich; und es hat über die hier in Sprache stehenden Verbrechen und Vergehen ein eigens dafür zu errichtender Staatsgerichtshof zu erkennen. Die Mitglieder der Volksrepräsentation jedoch, da sie in dieser Eigenschaft blos Meinungen zu äußern, nicht aber thätlich eine wirkliche Gewalt zu üben, blos durch Abstimmung zu Beschlüssen mitzuwirken, nicht aber dieselben zwangsweise zu vollstrecken haben, sind in der Sphäre dieses ihres Berufs unverantwortlich, so wie das Volk selbst, in dessen Namen sie auftreten und dessen Gesinnung, Wunsch und Willen sie nach ihrer freien Ueberzeugung zu äußern berechtigt und verpflichtet sind.

Wir wollen diesen – einstweilen blos summarisch gefaßten – Hauptsätzen des constitutionellen Systems, vorbehaltlich ihrer weitern Ausführung im Verlaufe dieser Abhandlung, gleich jetzt die correspondirenden Sätze des absolutistischen Systems gegenüber stellen.

1) Der Staat ist eine Summe von Personen, welche einer und derselben obersten Gewalt unterworfen sind. Diese oberste Gewalt ist keineswegs aus einem Vertrag, am allerwenigsten aus einem Gesellschaftsvertrag abfließend, sondern sie ist entweder die gemein herrische, oder auch die auf dem Eigenthum über Grund und Boden, oder auch überhaupt die auf dem factischen Bestande ruhende, jedenfalls als eine vom Himmel verliehene, wohl auch unmittelbar daher stammende Gewalt. Zwischen den Staatsgliedern, d. h. Unterthanen, unter sich besteht keine andere Verbindung, als welche sich zwischen den Genossen desselben Verhältnisses, z. B. zwischen den Knechten desselben Herrn, zwischen den Kindern desselben Vaters, überhaupt zwischen den Gehorchenden desselben Gebieters findet.

2) Hier kann also von einer willenberechtigten Gesammtheit und einer Repräsentation derselben gar keine Rede sein. Der Wille des Herrn oder des vom Himmel gesetzten Staatshauptes ist die alleinige Quelle alles Rechtes und die alleinige Regel für Alles, was im Staate geschehen oder nicht geschehen soll.

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