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Deutsche Bundesakte (8. Juni 1815)

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Art. 14. Um den im Jahr 1806 und seitdem mittelbar gewordenen ehemaligen Reichsständen und Reichs-Angehörigen in Gemäßheit der gegenwärtigen Verhältnisse in allen Bundesstaaten einen gleichförmig bleibenden Rechts-Zustand zu verschaffen, so vereinigen die Bundesstaaten sich dahin:

a) Daß diese Fürstlichen und gräflichen Häuser fortan nichts destoweniger zu dem hohen Adel in Deutschland gerechnet werden, und ihnen das Recht der Ebenbürtigkeit, in dem bisher damit verbundenen Begriff verbleibt;
b) sind die Häupter dieser Häuser die ersten Standesherren in dem Staate, zu dem sie gehören; — Sie und ihre Familien bilden die privilegirteste Klasse in demselben, insbesondere in Ansehung der Besteurung;
c) es sollen ihnen überhaupt in Rücksicht ihrer Personen, Familien und Besitzungen alle diejenigen Rechte und Vorzüge zugesichert werden oder bleiben, welche aus ihrem Eigenthum und dessen ungestörten Genusse herrühren, und nicht zu der Staatsgewalt und den höheren Regierungsrechten gehören. Unter vorerwähnten Rechten sind insbesondere und namentlich begriffen:
1) die unbeschränkte Freyheit, ihren Aufenthalt in jedem zu dem Bunde gehörenden, oder mit demselben im Frieden lebenden Staat zu nehmen;
2) werden nach den Grundsätzen der früheren deutschen Verfassung die noch bestehenden Familien Verträge aufrecht erhalten, und ihnen die Befugniß zugesichert, über ihre Güter und Familien-Verhältnisse verbindliche Verfügungen zu treffen, welche jedoch dem Souverain vorgelegt und bey den höchsten Landesstellen zur allgemeinen Kenntniß und Nachachtung gebracht werden müssen. Alle bisher dagegen erlassenen Verordnungen sollen für künftige Fälle nicht weiter anwendbar seyn;
3) privilegirter Gerichtsstand und Befreyung von aller Militairpflichtigkeit für sich und ihre Familien;
4) die Ausübung der bürgerlichen und peinlichen Gerechtigkeitspflege in erster, und wo die Besitzung groß genug ist in zweyter Instanz, der Forstgerichtbarkeit, Orts-Polizey und Aufsicht in Kirchen- und Schulsachen, auch über milde Stiftungen, jedoch nach Vorschrift der Landesgesetze, welchen sie so, wie der Militairverfassung und der Oberaufsicht der Regierungen über jene Zuständigkeiten unterworfen bleiben.
Bey der näheren Bestimmung der angeführten Befugnisse sowohl, wie überhaupt und in allen übrigen Punkten wird zur weitern Begründung und Feststellung eines in allen deutschen Bundes-Staaten übereinstimmenden Rechtszustandes der mittelbar gewordenen Fürsten, Grafen und Herren die in dem Betreff erlassene Königliche Bayrische Verordnung vom Jahr 1807 als Basis und Norm unterlegt werden.
Dem ehemaligen Reichsadel werden die Sub N. 1 und 2 angeführten Rechte, Antheil der Begüterten an Landstandschaft, Patrimonial und Forst-Gerichtsbarkeit, Orts-Polizey, Kirchen-Patronat und der privilegirte Gerichtsstand zugesichert. Diese Rechte werden jedoch nur nach der Vorschrift der Landesgesetze ausgeübt.
In den durch den Frieden von Luneville vom 9. Februar 1801 von Deutschland abgetretenen und jetzt wieder damit vereinigten Provinzen werden bey Anwendung der obigen Grundsätze auf den ehemaligen unmittelbaren Reichsadel diejenigen Beschränkungen stattfinden, welche die dort bestehenden besondern Verhältnisse nothwendig machen.

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