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Herbert von Bismarck an „Wahlbeobachter” in Danzig und Bismarcks Strategie gegen den Linksliberalismus (Oktober 1881)

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II. Herbert von Bismarck an Graf Kuno zu Rantzau

Varzin, den 29. Oktober 1881
Lieber Kuno,

[ . . . ] Bei den Stichwahlen zwischen Fortschritt und Sozialisten wäre es richtig, wenn alle Konservativen sich nicht etwa enthielten, sondern für den Sozialdemokraten stimmten. Papa sagt: „mit den Sozialisten können wir entweder paktieren oder sie niederschlagen, der jetzigen Regierung können sie niemals gefährlich werden. Der Sieg der Fortschrittler ist aber = Republik, in der die Regierung so geschwächt wird, daß der Staat zugrunde gehen muß.“ Lindau könnte in diesem Sinne, als von sich kommend, mit Luckhardt sprechen, damit dieser in jenem Sinne wirkt, und auch in die Provinzialpresse diesen Rat glissieren lassen. In der „Post“ und „Nordd.“ kann man es nicht aussprechen, und Papas Name muß nicht ins Spiel gezogen werden. Es wäre ihm aber erwünscht, wenn in den genannten Stichwahlen die Sozialisten über den Fortschritt siegten, z. B. in Berlin. Sprich bitte mit Lindau und sieh zu, was Ihr machen könnt!? — Schließlich wünscht Papa noch, daß alle verlogenen Flugblätter der Fortschrittler gesammelt und z[u] d[en] A[kten] genommen werden.

Lebwohl nun.

Dein treuer HB.


** Rantzau fragte am gleichen Tage an, ob der Reichskanzler bei den Berliner Stichwahlen den Sozialdemokraten den Vorzug vor den fortschrittlichen Kandidaten gäbe. Herbert Bismarck wiederholte daraufhin am 30. Oktober: „Daß der Papa der Ansicht ist, nicht nur bei Stichwahlen, sondern generell seien Soz. Demokr. besser als Fortschritt, darf man mit Rücksicht auf die Attentate nicht aussprechen. Privatansichten sind aber frei, ich schrieb Dir gestern schon darüber.“ [Information aus: Herbert von Bismarck, Staatssekretär Graf Herbert von Bismarck. Aus seiner politischen Privatkorrespondenz, herausgegeben und eingeleitet von Walter Bussmann unter Mitwirkung von Klaus-Peter Holpke. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1964, S. 109.]



Quelle: Herbert von Bismarck, Staatssekretär Graf Herbert von Bismarck. Aus seiner politischen Privatkorrespondenz, herausgegeben und eingeleitet von Walter Bussmann unter Mitwirkung von Klaus-Peter Holpke. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1964, S. 107-09.

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