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Die Antisemitische Deutsch-Soziale Partei, Bochumer Programm (11. Juni 1889)

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9. Folgende Forderungen verdienen die gewissenhafteste Prüfung und Erledigung: a) Weiterer Ausbau der Krankenkassen, Unfall-, Invaliden- und Altersversorgungsgesetze. Staatliche Fürsorge für unverschuldet Arbeitslose, für Witwen und Waisen; b) Maximalarbeitstag nach den Verhältnissen der Eigenart der einzelnen Betriebe; c) Beschränkung der Frauen- und Kinderarbeit; d) Sonntagsruhe in größtmöglichem Umfange; e) strenge Überwachung des Fabriks-, Bergwerkswesens usw.; f) staatliche Einigungsämter für Lohn- und sonstige Streitigkeiten.

10. Die Entwickelung des herrschenden wirtschaftlichen Systems ist, wie unter anderem die neuesten großen Arbeitseinstellungen beweisen, auf einem Punkte angelangt, wo dasselbe als eine öffentliche Gefahr anerkannt werden muß. Die Deutsch-soziale Partei erachtet es daher als eine patriotische Pflicht, auf eine zeitgemäße Neuordnung der Erwerbsverhältnisse hinzudrängen. Der Gedanke, unter Leitung und Mitwirkung der Staatsgewalt die gewerblichen Aktienunternehmungen in den bedeutendsten Produktionszweigen in genossenschaftliche Betriebe umzuwandeln und der Gedanke der Verstaatlichung der Grundbuchschulden mit allmählicher Ablösung bedarf einer ernstlichen Prüfung.

11. Gleichen Schritt damit muß eine organische Umgestaltung unseres öffentlichen und Privatrechtswesens halten. Die deutschen Rechtsgrundsätze der Achtung der Persönlichkeit um ihrer selbst und des Bestandes des Staates willen müssen das römische Recht der bloßen Besitztitel verdrängen. Bis aber dieses Ziel erreicht ist, dürfen die schreienden Notstände innerhalb großer Kreise unseres Volkes nicht ohne Abhilfe bleiben.

12. Die Antisemitische Deutsch-soziale Partei tritt für Herabminderung der Gerichts-, besonders der Anwaltskosten, Beseitigung des Anwaltszwanges, Schutz der Privatpersonen gegen Beleidigung und Beschimpfung durch die gegnerischen Advokaten vor Gericht, Aufhebung der Münzprägungs- und Banknotenprivilegien für Privatpersonen und Gesellschaften, Verstaatlichung der Aktiengesellschaft „Reichsbank“, gründliche Reform des Börsenwesens, neue Hypotheken- und Subhastationsordnung ein.

13. In betreff der Handwerkerfrage tritt die Antisemitische Deutsch-soziale Partei für Aufhebung bzw. Beschränkung der zügellosen Gewerbefreiheit ein und befürwortet die Einführung des obligatorischen Befähigungsnachweises für alle, die als Arbeitgeber ein Handwerk betreiben wollen.

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