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Friedrich Engels über das Gothaer Programm der Sozialisten (12. Oktober 1875)

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Das Ganze ist im höchsten Grade unordentlich, konfus, unzusammenhängend, unlogisch und blamabel. Wenn unter der Bourgeoispresse ein einziger kritischer Kopf wäre, er hätte dies Programm Satz für Satz durchgenommen, jeden Satz auf seinen wirklichen Inhalt hin untersucht, den Unsinn recht handgreiflich auseinandergelegt, die Widersprüche und ökonomischen Schnitzer (z. B. daß die Arbeitsmittel heute „Monopol der Kapitalistenklasse“ sind, als ob es keine Grundbesitzer gäbe, das Gerede von „Befreiung der Arbeit“ statt der Arbeiterklasse, die Arbeit selbst ist heutzutage ja gerade viel zu frei!) entwickelt und unsere ganze Partei greulich lächerlich gemacht. Statt dessen haben die Esel von Bourgeoisblättern dies Programm ganz ernsthaft genommen, hineingelesen, was nicht darin steht und es kommunistisch gedeutet. Die Arbeiter scheinen dasselbe zu tun. Es ist dieser Umstand allein, der es Marx und mir möglich gemacht hat, uns nicht öffentlich von einem solchen Programm loszusagen. Solange unsere Gegner und ebenso die Arbeiter diesem Programm unsere Absichten unterschieben, ist es uns erlaubt, darüber zu schweigen. [ . . . ] Daß die ganze Sache ein Erziehungsexperiment ist, das auch unter diesen Umständen einen sehr günstigen Erfolg verspricht, darin haben Sie ganz recht. Die Einigung als solche ist ein großer Erfolg, wenn sie sich zwei Jahre hält. Aber sie war unzweifelhaft weit billiger zu haben.



Quelle: Elementarbücher des Kommunismus 12. 2 Aufl. 1930, S. 51ff.

Abgedruckt in Felix Salomon, Die Deutschen Parteiprogramme, Bd. 2, Im Deutschen Kaiserreich 1871-1918, Hg. Wilhelm Mommsen und Günther Franz, 4. Aufl. Leipzig und Berlin: B.G. Teubner, 1932, S. 42-43.

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