A) Lex Zwickau
§1. Kinder, die wegen angeborener Blindheit, angeborener Taubheit, wegen Epilepsie oder Schwachsinn als unfähig erkannt werden, am normalen Volksschulunterricht mit Erfolg teilzunehmen, sind, sobald wie möglich, einer Operation zu unterziehen, durch welche die Fortpflanzungsfähigkeit beseitigt wird. Dabei sind die für die innere Sekretion wichtigen Organe zu erhalten. §2. Geisteskranke, Geistesschwache, Epileptiker, Blindgeborene und Taubgeborene, die in öffentlichen oder privaten Anstalten verpflegt werden, sind vor ihrer Entlassung oder Beurlaubung zu sterilisieren.
§3. Geisteskranke, Geistesschwache, Epileptiker, Blindgeborene und Taubgeborene dürfen erst nach erfolgter Unfruchtbarmachung eine Ehe eingehen.
§4. Frauen und Mädchen, die wiederholt Kinder geboren haben, deren Vaterschaft nicht feststellbar ist, sind auf ihren Geisteszustand zu untersuchen. Hat sich erbliche Minderwertigkeit ergeben, so sind sie entweder unfruchtbar zu machen oder bis zum Erlöschen der Befruchtungsfähigkeit in geschlossenen Anstalten zu verwahren.
§5. Strafgefangene, deren erbliche Minderwertigkeit ausser Zweifel steht, ist auf ihren Antrag ein teilweiser Straferlass zu gewähren, nachdem sie sich freiwillig einer unfruchtbar machenden Operation unterzogen haben. Das gerichtliche Verfahren gegenüber Sexual-Schwerverbrechern wird durch ein besonderes Gesetz geregelt.
§6. Die Eingriffe dürfen nur von solchen Ärzten ausgeführt werden, die in Chirurgie und Frauenheilkunde ausgebildet sind und über alle erforderlichen Hilfsmittel verfügen. Operation und Nachbehandlung sind für Minderwertige kostenlos.
§7. Die Sterilisierung vollwertiger Menschen wird wie schwere Körperverletzung bestraft.
Dr. Gustav Boeters
Anm.:„Fakultative Sterilisation“ war im Freistaat Sachsen schon in den zwanziger Jahren üblich. – 1924? –