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Hanns Kropff, „Frauen als Käuferinnen” (1926)

Der österreichische Werbefachmann Hanns Kropff (1882-1963) hatte für die Leonhard Tietz AG und andere Konzerne gearbeitet, bevor er sich der Werbewissenschaft zuwandte und mehrere einflussreiche Schriften publizierte. Insbesondere interessierte er sich für die Psychologie der Werbung und unterrichtete ab 1936 Wirtschaftswerbung an der Wirtschaftsuniversität Wien, als dieser Fachbereich im deutschsprachigen Raum noch relativ neu war. Dieser Text aus der Fachzeitschrift Reklame vom Juni 1926 verdeutlicht Kropffs Methode der „psychologischen“ Marktanalyse, allerdings lässt sein von sexistischen Vorurteilen geprägtes Frauenbild Zweifel über seine tatsächlichen psychologischen Kenntnisse aufkommen.

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Frauen als Käuferinnen


Fünfundsiebzig Prozent aller Dinge werden von Frauen eingekauft. Frauen kaufen für sich, für ihre Kinder, für ihr Heim, sehr oft auch für ihre Männer. Durch die Hände der Frauen wird das meiste Geld ausgegeben. Deshalb prüfen Sie genau, ob nicht auch Ihre Waren durch Frauen eingekauft werden. Die Krawatte, die der Mann kauft, weil sie einer Frau gefällt, wird in Wirklichkeit von ihr gekauft.

Frauen denken stark persönlich. Trotzdem sind sie leicht zu beeinflussen. Ihre erste Frage wird immer sein: Hat das Zweck oder Vorteil für mich? Sie bringen jedes Ding in direkte Verbindung zu ihrem Aussehen, ihrem Glück, ihren Sympathien. Allgemeine Tatsachen, logische Gründe, abstrakte Auseinandersetzungen, Technik des Details, sagen ihnen nicht viel. Statistik und Politik lassen sie im Augenblick des Kaufes kalt. Dagegen fordern sie, daß ihre kleinen Wünsche begriffen werden. Sie sind erfreut über leicht faßliche Aufklärungen über die Anwendung eines Artikels oder über die Gründe warum er besser ist.

Frauen lieben eine einfache und persönliche Sprache, sie mögen noch so modern in ihrem Berufe und fortschrittlich in ihrer Meinung sein. Bei Dingen, die sie persönlich betreffen, sind sie in erster Linie Frau. Und deshalb wiederum empfinden sie alle Dinge persönlich.

In den seltensten Fällen werden Frauen ihre Gefühle oder Handlungen analysieren. Ihr Fühlen, ihre Entscheidungen, ihre Zuneigung und ihre Ablehnung sind durchaus gefühlsmäßig und unwiderruflich.

Für die meisten Reklamemacher ist es sehr schwer, Inserate für Frauen zu schreiben. Sie denken zu kompliziert, zu männlich. Sie sind in ihre Waren verliebt, von ihrem eigenen Standpunkt aus. Sie benutzen oft Ausdrücke, die für die Frauen etwas ganz anderes bedeuten, die zu Mißverständnissen führen, ja die sie oft verletzen. Eine an sich gute Idee wird oft verdorben durch einen unrichtigen Ausdruck.

Denken Sie daran, daß die Frauen ihr Heim lieben, mag es noch so einfach sein, daß sie stolz sind auf gewisse Möbel und Andenken. Beleidigen Sie nicht durch sarkastische Herabsetzung. Spotten Sie überhaupt nicht in Ihren Texten und seien Sie nie skeptisch. Sie werden vielleicht einige zum Lachen bringen, aber viele werden sich ärgern.

Kaufen ist für alle Menschen eine ernste Sache – ganz besonders aber für Frauen. Versuchen Sie es nicht mit humoristischen Inseraten, denn erstens gibt es nur wenige wirklich humoristische Anzeigen, und zweitens ist Humor für Frauen weder allgemein verständlich, noch sympatisch, noch überzeugend.

Frauen betrachten das Leben als ein erschreckend ernstes Geschäft, welches durchgelebt werden muß, wenn nötig mit zusammengebissenen Zähnen. Sie waschen, sie bügeln, sie fegen, sie kochen, sie nähen, sie passen auf die Kinder auf, sie richten die Betten, ... Frauenarbeit höret nimmer auf. Sie haben nicht nur ihre eigene Sprache, in der sie denken und diese Dinge besprechen, sondern sie haben auch eine Reihe von ganz besonderen Gefühlen dafür, die ein Inserent kennen muß und nicht übergehen darf.

Denken Sie daran, daß Frauen erfahren sind in der Pflege und Behandlung der Kinder. Wenn Sie ihnen Ratschläge in dieser Beziehung geben, so verletzen Sie nicht die Ansichten, die sie von ihrer Mutter gelernt haben. Frauen sind im allgemeinen konservativ. Plötzliche Neuerungen sind ihnen unangenehm — ausgenommen die der Mode. Ihre Erziehung zu neuen Gedanken und Methoden muß langsam und vorsichtig geschehen. Überzeugen Sie die Frauen, daß Ihr Angebot einen leicht faßlichen Vorteil für sie selbst oder für ihre Kinder bietet und sie sind schon halb gewonnen.

Sprechen Sie zu der Hausfrau von den „kleinen Annehmlichkeiten der Ware“, von der Arbeit, die sie erspart. Geben Sie ihr Anregungen für die leichtere Beschaffung und Bereitung der Mahlzeiten. Sprechen Sie mit ihr über neue Methoden zur Vereinfachung des Haushaltes. Informieren Sie die Mütter über neue Ergebnisse auf dem Gebiete der Hygiene und der Ernährung.

Sprechen Sie nicht über „Sklaverei“, aber bieten Sie der Frau die Hand, um mehr Zeit für sich selbst zu gewinnen. Sie wird Ihnen dankbar sein.

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