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Die Reichsreform von 1495

Die erste Phase der Reichsreform unter Maximilian I. begann mit einer Reihe von Gesetzen, die am 7. August 1495 durch den Reichstag in Worms verabschiedet wurden. Darin enthalten waren zwei wesentliche Beschlüsse, die zum einen den Ewigen Landfrieden (A) und zum anderen den Gemeinen Pfennig (B) betrafen. Der Ewige Landfriede (A) ist wegen der darin verfügten endgültigen Abschaffung des Rechtes zur Fehde und der Schaffung eines Systems von Recht und Ordnung bedeutend. Der zweite Gesetzesakt mit dem Titel „Ordnung des Gemeinen Pfennigs“ (B) stellte die erste direkt vom Reich eingezogene Steuer dar; er wurde mehrere Male erneuert, zum letzten Mal 1544, danach wurde er zugunsten des älteren Matrikelsystems eingestellt (durch welches Geld für eine festgelegte Anzahl von Kavallerie- und Infanterieeinheiten, genannt „Römische Monate“, durch die Stände des Kaiserreichs in Absprache mit den kaiserlichen Steuerregesten direkt aufgeteilt wurde). Bemerkenswert ist der starke Kontrast zwischen der Sprache des Statuts von 1495 und der in den Passagen der Goldenen Bulle von 1356 gebrauchten Sprache. Während die zweite voller Symbolik ist und sich an bestimmte Personen wendet, sind die unten abgedruckten Gesetze in einer allgemeineren, säkularen und zweckmäßigeren Sprache verfasst. Die Statuten von 1495 initiierten einen Prozess der Reform, der 1521 ein Ende fand. Zu den Errungenschaften dieses Reformprozesses gehörten die Gründung des Reichskammergerichts 1495 und die Schaffung der Reichskreise 1512. Diese Institutionen brauchten eine Generation oder mehr um sich durchzusetzen. Der Gemeine Pfennig hingegen scheiterte, so wie alle anderen Versuche, die Steuergesetze des Reiches zu reformieren.

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A. Der Ewige Landfriede.

Worms, 1495 August 7


Wir Maximilian von Gots Gnaden Romischer Kunig, zu allen Zeiten Merer des Reichs [ . . . ] embieten allen und yecklichen Unsern und des Hailigen Reichs Churfürsten, Fürsten, gaistlichen und weltlichen, Prelaten, Graven, Freyherrn, Rittern, Knechten, Hauptlüten, Vitzthumben, Vögten, Pflegern, Verwesern, Amptlüten, Schulthaissen, Burgermaistern, Richtern, Räten, Burgern und Gemainden und sunst allen andern Unsern und des Reichs Undertanen und Getrewen, in was Wirden, Stats oder Wesens die sind, den diser Unser Koniglicher Brief oder Abschrifft davon zu sehen oder zu lesen fürkompt oder gezaigt wirdt, Unser Gnad und alles Gut. Als Wir hievor zu der Höche und Last des Hailigen Römischen Reichs erwelt und nu zu Regierung desselben komen sind und vor Augen sehen stäte, onunderlässige Anfechtung gegen der Cristanhait, nu lang Zeyt geübt, dardurch vil Küngreich und Gewält cristanlicher Lande in der Unglaubigen Gehorsam pracht sein, also das sy ir Macht und Herrschung bis an die Grenitzen Teutscher Nacion und des Hailigen Reichs erstreckt, dartzu sich auch dis Zeit mercklich Gewält erhebt haben Unserm hailigen Vater Babst und der Römischen Kirchen Stet, Landtschaft und Widem Güter, auch ander des Hailigen Reichs Landtschaft und Oberkait gewaltigklich überzogen haben, darauß nit allain dem Hailigen Reich, sonder auch der gantzen Cristanhait swere Minderung, Verwüstung und Verlust der Selen, Ern und Wirden erwachsen; wa nit mit stattlichem, zeytigem Rat dagegen getrachtet und zu Fürdrung desselben stathaftiger, verfencklicher Fride und Recht im Reich aufgericht und in bestentlichem Wesen erhalten und gehandthabt wurden: darumb mit ainmütigem zeytigem Rat der erwirdigen und hochgepronen Unser lieben Neven, Ohemen, Churfürsten, Fürsten, gaistlichen und weltlichen, auch Prelaten, Graven, Herren und Stende haben Wir durch das Hailig Reich und Teutsch Nacion ainen gemainen Friden fürgenomen, aufgericht, geordnet und gemacht, richten auf, ordnen und machen den auch in und mit Crafft dis Briefs:

§ 1. Also das von Zeit diser Verkündung niemand, von was Wirden, Stats oder Wesens der sey, den andern bevechden, bekriegen, berauben, vahen, überziehen, belegern, auch dartzu durch sich selbs oder yemand anders von seinen wegen nicht dienen, noch auch ainich Schloß, Stet, Märckt, Bevestigung, Dörffer, Höff oder Weyler absteigen oder on des andern Willen mit gewaltiger Tat frevenlich einnemen oder gevarlich mit Brand oder in ander Weg dermassen beschedigen sol, auch niemands solichen Tätern Rat, Hilf oder in kain ander Weis kain Beystand oder Fürschub thun, auch sy wissentlich oder gevarlich nit herbergen, behawsen, essen oder drencken, enthalten oder gedulden, sonder wer zu dem andern zu sprechen vermaint, der sol sölichs suchen und tun an den Enden und Gerichten, da die Sachen hievor oder yetzo in der Ordnung des Camergerichts zu Außtrag vertädingt sein oder künftigklich werden oder ordenlich hin gehörn.

§ 2. Und darauf haben Wir all offen Vechd und Verwarung durch das gantz Reich aufgehabt und abgethan, heben auch die hiemit auff und thun die ab von Römischer Koniglicher Macht Volkommenhait in und mit Crafft dis Briefs.

§ 3. Und ob yemand, was Wirden oder Stands der oder die wärn, der wider ains oder mer, so vorgemelt im nechsten Artickel gesetzt ist, handeln oder zu handeln understeen wurden, die söllen mit der Tat von Recht zusampt andern Penen in Unser und des Hailigen Reichs Acht gefallen sein, die Wir auch hiemit in Unser und des Hayligen Reichs Acht erkennen und ercleren; also das sy, ir Leyb und Gut allermenigklich erlaubt und niemands daran freveln oder verhandeln sol oder mag. Auch alle Verschreibungen, Pflicht oder Bundtnus inen zustende, und darauff sy Vordrung oder Zusprüch haben möchten, söllen gegen den jhenen, die in verhafft wärn, ab und tod, auch die Lehen, sovil der Uberfarer der gepraucht, den Lehenherrn verfallen, und sy dieselben oder derselben Tail, so lang der Fridbrecher lebt, im oder andern Lehenserben zu leichen oder den seinen Tail der Abnutz volgen zu lassen, nicht schuldig sein.

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