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Erklärung des US-Militärgouverneurs General Joseph McNarney vor dem Kontrollrat (20. Juli 1946)

Zu der auf der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 beschlossenen Behandlung Deutschlands als wirtschaftliche Einheit ist es nicht gekommen. Die Aufteilung des Landes in vier Besatzungszonen steht dem wirtschaftlichen Wiederaufstieg im Weg. Der amerikanische Militärgouverneur Joseph McNarney schlägt deshalb im Sommer 1946 den wirtschaftlichen Zusammenschluss von Besatzungszonen vor. Zwar richtet sich das Angebot offiziell an alle Siegermächte, aber für einen Zusammenschluss kommen von vornherein nur die beiden anderen Westzonen, vor allem die britische Zone, in Frage. Die Sowjetunion betreibt in ihrer Zone bereits den Aufbau einer sozialistischen Planwirtschaft.

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Die Regierung der Vereinigten Staaten ist der Auffassung, daß keine Zone in Deutschland in der Lage ist, sich selbst zu erhalten. Die Behandlung von zwei oder mehr Zonen als wirtschaftliche Einheit würde die Lage in den jeweiligen Besetzungsgebieten verbessern.

Aus diesem Grunde hat die Regierung der Vereinigten Staaten ihren Vertreter bei dem Alliierten Kontrollrat ermächtigt, sich mit jeder anderen Besatzungsmacht oder mit mehreren Besatzungsmächten ins Benehmen zu setzen über Maßnahmen, die die Behandlung ihrer Zonen als wirtschaftliche Einheit bezwecken, bis zu einer Verständigung der vier Mächte, die die Anwendung des Potsdamer Beschlusses, ganz Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln, ermöglicht, so daß ein Wirtschaftsausgleich in ganz Deutschland erzielt wird.

Obwohl die Vereinigten Staaten ein Viermächteabkommen zur Verwirklichung des Potsdamer Beschlusses, zentrale Verwaltungsbehörden für ganz Deutschland einzurichten, vorziehen würden, ist ihr Vertreter bereit, mit Vertretern einer oder aller anderen Besetzungsmächte in Deutschland zusammenzuarbeiten, um die Verwaltungsmaßnahmen zur Erreichung der wirtschaftlichen Einheit zu beschließen.

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Die Vereinigten Staaten beabsichtigen nicht, durch diesen Vorschlag Deutschland zu teilen. Es ist vielmehr ihr Ziel, die Behandlung Deutschlands als wirtschaftliche Einheit zu beschleunigen.

Alle Abmachungen, die die Vertreter der Vereinigten Staaten mit anderen Besatzungsmächten treffen, werden Vertretern aller anderen Besatzungsmächte unter gleichen Bedingungen zugänglich sein, wenn immer sie bereit sind, daran teilzunehmen. Die Regierung der Vereinigten Staaten schlägt dieses Verfahren vor in der Überzeugung, daß Deutschland nicht länger in vier luftdicht abgeschlossenen Teilen ohne freien Handelsverkehr verwaltet werden kann, wenn nicht eine wirtschaftliche Lähmung die Folge sein soll. Die Regierung der Vereinigten Staaten ist nicht gewillt, die schleichende wirtschaftliche Paralyse anwachsen zu lassen, wenn es möglich ist, eine wirtschaftliche Vereinigung zwischen ihrer Zone und irgendeiner anderen Zone in Deutschland als einen Vorteil zur wirtschaftlichen Einheit für ganz Deutschland zu erreichen. [ . . . ]



Quelle: Europa-Archiv, 1. Jahr, 6. Folge. Dezember 1946; abgedruckt in Theo Stammen, Hg., Einigkeit und Recht und Freiheit: westdeutsche Innenpolitik 1945-1955. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1965, S. 142-43.

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