I. Buch.
Sechster Titel. Von der Ehescheidung.
Erstes Kapitel. Von den Ursachen der Ehescheidung.
229. Der Mann kann die Ehescheidung wegen eines von seiner Frau begangenen Ehebruchs verlangen.
230. Die Frau ist befugt auf Ehescheidung anzutragen, wegen eines von dem Mann begangenen Ehebruchs, wenn er eine Beyschläferin in der gemeinschaftlichen Wohnung gehalten hat.
230a. Letzterer Fall wird für vorhanden geachtet, sobald sie, es sey im Land, oder im Ausland, so in der Nähe des Aufenthalts des Mannes ist; daß sie einander von da aus zuwandeln können.
231. Beyderseits können die Ehegatten die Ehescheidung nachsuchen wegen Lebensgefährlichkeit, harter Mißhandlungen, oder grober Verunglimpfungen des Einen gegen den Andern.
232. Die Verurtheilung eines Ehegatten zu einer entehrenden oder gesezlich gleichen Strafe soll für den andern die Ehescheidungs-Klage begründen.
232a. Auch Verschollenheit, dreyjährige Landflüchtigkeit oder Wahnsinnigkeit von gleicher Dauer, werden unter den schon ehemals gesezlich näher bestimmten Umständen ebenfalls als Scheidungs-Ursachen beybehalten.
233. Die beyderseitige und beharrliche Einwilligung der Ehegatten, ausgesprochen in den Formen, unter den Bedingungen und nach erstandenen Prüfungen, wie sie das Gesez vorschreibt, soll für einen hinlänglichen Beweis angenommen werden, daß das Beysammen-Leben ihnen unerträglich sey, und daß deshalb eine zureichende Ursache zur Ehescheidung da sey. [ . . . ]
Quelle: Land-Recht für das Großherzogthum Baden nebst Handelsgesetzen. Karlsruhe: C. F. Müller, 1814, S. 62 f., 139, 153-55, 249.
Abgedruckt in Walter Demel und Uwe Puschner, Hg., Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß 1789-1815, Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 6. Stuttgart: P. Reclam, 1995, S. 227.