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Die allgemeine Mobilisierung der katholischen Kirche – Das Konzil von Trient (1547-63)

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b) Kanones über eine Reform der Ehe: Dekret “Tametsi”

Kap. 1. [Beweggrund und Inhalt des Gesetzes] Auch wenn nicht daran zu zweifeln ist, daß heimliche Ehen, die in freiem Einverständnis der Partner geschlossen wurden, gültige und wahre Ehen sind, solange die Kirche sie nicht ungültig gemacht hat, und daher zurecht jene zu verurteilen sind, wie sie das heilige Konzil mit dem Anathema verurteilt, die leugnen, daß sie wahr und gültig sind, und die fälschlicherweise behaupten, Ehen, die von den Kindern ohne die Zustimmung der Familien geschlossen wurden, seien ungültig, und die Eltern könnten sie gültig oder ungültig machen: so hat die heilige Kirche Gottes sie nichtsdestoweniger aus äußerst triftigen Gründen immer verabscheut und verboten.

Da aber das heilige Konzil feststellt, daß jene Verbote wegen des Ungehorsams der Menschen nichts mehr nützen, und die schweren Sünden erwägt, die in ebendiesen heimlichen Ehen ihren Ursprung haben, vor allem aber (die Sünden) derer, die im Zustand der Verurteilung bleiben, wenn sie, nachdem sie ihre frühere Frau, mit der sie heimlich (die Ehe) geschlossen hatten, verlassen haben, mit einer anderen öffentlich (die Ehe) schließen und mit dieser in fortwährendem Ehebruch leben; da diesem Übel von der Kirche, die über Verborgenes nicht urteilt, ohne Anwendung eines wirksameren Heilmittels nicht Abhilfe geschaffen werden kann, tritt es in die Fußstapfen des unter Innozenz III. gefeierten [4.] heiligen Konzils im Lateran und gebietet, daß künftig, bevor die Ehe geschlossen wird, dreimal vom eigenen Pfarrer der (Ehe)schließenden an drei aufeinanderfolgenden Festtagen in der Kirche während der Meßfeier öffentlich verkündet werde, von wem die Ehe geschlossen werden soll; sind diese Verkündigungen erfolgt, schreite man, wenn sich kein rechtmäßiges Hindernis entgegenstellt, im Angesicht der Kirche zur Feier der Ehe, wo der Pfarrer, nachdem er Mann und Frau gefragt und sich ihres gegenseitigen Einverständnisses vergewissert hat, entweder sage: “Ich verbinde euch zur Ehe, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes”, oder andere Worte gebrauche, entsprechend dem üblichen Ritus einer jeden Provinz.

[Einschränkung des Gesetzes] Sollte aber einmal begründeter Verdacht bestehen, eine Ehe könne in böser Absicht verhindert werden, wenn so viele Verkündigungen vorausgegangen sind: dann soll entweder nur eine Verkündigung erfolgen oder die Ehe wenigstens in Gegenwart des Priesters und zweier oder dreier Zeugen gefeiert werden; danach sollen vor ihrem Vollzug die Verkündigungen in der Kirche erfolgen, damit, wenn irgendwelche Hindernisse vorliegen, sie leichter aufgedeckt werden, es sei denn, der Ordinarius selbst erachtet es für zweckmäßig, daß die eben genannten Verkündigungen erlassen werden, was das heilige Konzil seiner Klugheit und seinem Urteil überläßt.

[Sanktion] Diejenigen, die versuchen werden, eine Ehe anders zu schließen als in Gegenwart des Pfarrers oder – mit Erlaubnis des Pfarrers bzw. des Ordinarius – eines anderen Priesters und zweier oder dreier Zeugen: die erklärt das heilige Konzil für völlig (rechts)unfähig, auf diese Weise (eine Ehe) zu schließen, und es erklärt, daß solche (Ehe)schlüsse ungültig und nichtig sind, wie es sie im vorliegenden Dekret ungültig macht und für nichtig erklärt.



Quelle: (Teile A-F) Josef Wohlmuth, Hg., Dekrete der ökumenischen Konzilien, Bd. 3: Konzilien der Neuzeit. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2002, S. 671-74, 676-78, 681-82, 693-95, 711-13, 726-27, 750-51. (Teil G) Heinrich Denzinger, Enchiridion symbolorum definitionum et declarationum de rebus fidei et morum. Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen. Lateinisch-Deutsch. Hrsg. von Peter Hünermann © Verlag Herder GmbH, Freiburg i. Br., 43. Auflage 2010, S. 532-37.

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