GHDI logo

„People’s Car auf neuen Wegen” (29. Januar 1948)

Seite 2 von 3    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


»Besser so«, sagten die Arbeiter, »so ohne Sang und Klang.« Es waren noch einige vorhanden, die die große Feier im Mai 1938 mitgemacht hatten, als der Grundstein zu dieser größten Autofabrik Europas gelegt wurde. Sie erinnern sich, wie damals härter geschmettert, getönt, kommandiert, gepriesen und gelogen wurde. Denn er, der »Führer« war persönlich gekommen, der jedem Arbeiter ein eigenes Auto versprach. Die Arbeiter waren eine »geschlossene marschierende Gemeinschaft«, und richtig: als die Zeit gekommen, daß dem »Führer« beliebte, Polen zu überfallen, durften sie geschlossen in den Krieg marschieren. Und als für das Volksauto die Zeit gekommen, fuhr es hinterdrein. Wißt ihr noch, Kameraden der Faust und der Flinte? Und viele Arbeiter hatten tausend Mark bezahlt. 280 000 Sparer, die in »Schnell-« und »Langsam-Sparer« unterschieden wurden, hatten 280 000 000 Mark auf dem Konto der »Bank der Deutschen Arbeit« zusammengetragen – eine Summe, die heute zwar noch vorhanden, aber beschlagnahmt ist, wie das Gesetz 52 es befahlt »Das Geld?« sagten die Arbeiter. »Perdü! Entwertet! Und wetten! Die Reste werden bei der Währungsreform am Boden zerstört. Meinen Sie etwa nicht?« – »Der Volkswagen?«, sagen die Arbeiter. »Der Wagen fährt, und das Volk guckt zu ...«

»Aber der Wagen ist doch gut oder ...?«

»Der Wagen ist ausgezeichnet! Stark, obwohl nur 25 PS! Bequem, obwohl so klein! Sparsam bei acht Liter Brennstoff auf hundert Kilometer und komfortabel und sogar mit Warmluftheizung, obwohl so schnell und billig!« – Doch ich muß mich korrigieren: er sagte nicht »komfortabel«, er sagte »bonfortionös«. Denn sogar dort, wo der Arbeiter lobt, klingt’s ironisch, und jener Mann, der noch von der Grundsteinlegung anno 1938 zu erzählen wußte, hielt sich mit Fleiß bei einer witzig-spöttischen Episode auf, da er erzählte, wie die 28 Bauern, die samt ihren Höfen, samt Pferden, Ochsen, Kühen dem Volkswagenwerk wütend und traurig weichen mußten, als Ehrengäste erschienen waren und helle Begeisterung mimten ... Fürwahr, auf diesem Gelände ist immer laut befohlen und schweigend gehorcht, viel gelogen und wenig geglaubt worden. Kurzum, das Volkswagenwerk ist, was die Gefühle betrifft, schwer belastet.

Aber da ist ein neuer Generaldirektor gekommen. Ein phrasenloser, ehrlicher, sachlicher Mann, sagt er, daß die Fabrik immer noch hochmodern sei und daß sich große Leistungen vollbringen ließen, hielte die in Deutschland wütende Bürokratie nicht auch dieses Werk im Würgegriff. 8000 Arbeiter und Angestellte – das sei eher zu viel als zu wenig; immerhin, Mangel an Arbeitskräften gebe es nicht, und auch Maschinen seien genug vorhanden. Tausend Wagen produziere das Werk monatlich. Aber die Fabrik könnte fast die doppelte Anzahl Autos liefern, gäbe es statt des undurchdringlichen Dickichts von papiernen Bestimmungen, in denen die anonyme Bürokratie triumphiert, mehr Möglichkeiten, eine eigene Initiative zu entfalten.

Weniger Vorschriften und bessere Materiallieferungen – dies wäre nach der Ansicht des Generaldirektors die Lösung aller Schwierigkeiten. Es ist ein ziemlich junger Generaldirektor – das ist wahr. Aber daß die alten Arbeiter ihm in seiner Ansicht Recht geben, will die Richtigkeit seiner These bestätigen. In dieser Hinsicht wollen sie alle dasselbe: Mehr Initiative, weniger Vorschriften, mehr Material!

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite