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Das preußische Regulierungsedikt von 1811, unterzeichnet von König Friedrich Wilhelm III., Staatskanzler Hardenberg und Justizminister Kircheisen (14. September 1811)

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§ 36. Dies in Preußen, Litthauen, Pommern, Ober-Schlesien, der Ucker- und Neumark größtentheils bestehende Verhältniß, wo der eigentliche Eigenthümer keine directe Einwirkung auf die Bewirthschaftung und Kultur des Gutes hat, und der jedesmalige bäurische Inhaber ohne dauerndes Interesse dafür ist, hat noch größere Nachtheile als das der schon erblichen Güter. Wir können daher die Fortdauer dieses gemeinschädlichen Verhältnisses nicht gestatten; sondern wollen, daß ein Anderes konstituirt werde, worüber Wir Folgendes verordnen:

§ 37. Die Dispositionen des 1sten Abschnitts hinsichtlich der erblichen Bauergüter gelten auch von den nicht erblichen, mit dem Unterschiede, daß die Gutsherren, wenn keine gütliche Einigung auf andere Weise erfolgt, berechtigt seyn sollen, die Hälfte der Besitzungen an Aeckern, Wörthen, Wiesen, Holzung und Hütung zu ihren Gütern einzuziehen, oder sonst willkührlich darüber zu disponiren.

§ 38. Die andere Hälfte muß als freies unbeschränktes Eigenthum [ . . . ] an den bisherigen Nutznießer oder Pächter überlassen werden, wenn gegen dessen Befähigung und Aufführung nicht diejenigen Einwendungen zu machen sind, die nach der bisherigen Verfassung zur Exmission aus dem Besitz gesetzlich berechtigten.

In diesem Falle sowohl, als bei dessen freiwilligen Verzichtleistung auf die Erwerbung des eigenthümlichen Besitzes, ist der Gutsherr an kein Subject gebunden, sondern wählt dieses nach eigenem Gutfinden, ohne daß er jedoch berechtigt ist, sich ein Kaufgeld zu bedingen. [ . . . ]

§ 40. Die Ausgleichung wegen der Hälfte der bäuerlichen Grundstücke soll auf dreierlei Art zulässig seyn;

A) durch Landtheilung, so, daß jeder Theil wirklich die Hälfte Land erhält;
B) ohne Landtheilung, durch Vergütung des Nutzungswerths dieser Hälfte mit einer Körner-Abgabe, die auf das ganze, dem Bauer zu überlassende Land gelegt und repartirt wird;
C) durch Verbindung beider Arten der Ausgleichung, indem 1) von den berechtigten 3/6 des Landes, 2/6 in natura eingezogen werden, 1/6 aber dadurch vergütet wird, daß die Bauern auf dieses 1/6 und die ihnen zukommenden 3/6 also auf die ihnen insgesammt verbleibenden 4/6 des Ganzen, eine Körner-Abgabe übernehmen, die vom Morgen Weizen-Acker 4 Metzen, halb Roggen, halb Hafer, vom Morgen Gersten-Acker erster Klasse 3 Metzen, zweiter Klasse 2 Metzen, vom Morgen Haferland 1 Metze betragen darf.

§ 41. Nach welcher von diesen drei Arten die Ausgleichung geschehen soll, bleibt der gütlichen Einigung überlassen. Kömmt aber solche binnen zwei Jahren, und in Preußen und Litthauen binnen drei Jahren, vom Tage dieses Edikts an, nicht zu Stande, so soll der Gutsherr berechtigt seyn, zu bestimmen, welcher Weg von jenen dreien gewählt werden soll. [ . . . ]

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