GHDI logo

Geheimer Bericht der sowjetischen Militärführung über die Ereignisse vom 17.-19. Juni 1953 (24. Juni 1953)

Seite 5 von 8    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


Abordnungen der Volkspolizei versuchten überall, den Banditen und Krawallmachern Widerstand entgegenzusetzen. Aufgrund ihrer geringen Zahl und ungeeigneten Waffen wurden sie jedoch in großem Ausmaß überrannt und auseinander getrieben.

Die Zahl der in Berlin zur Verfügung stehenden Polizisten (insgesamt 4.940 Mann ohne Grenzpolizei) war vollkommen unzureichend, um mehr oder weniger ernste Unruhen niederzuschlagen. Eine entsprechende Situation herrschte in anderen großen Städten der DDR vor.

Im Laufe des Tages wurde Verstärkung von insgesamt zweitausend Mann aus Potsdam, Frankfurt/Oder und anderen Bevölkerungszentren der Republik nach Berlin gebracht. Zusätzlich wurden bestimmte Einheiten der deutschen Kasernierten Volkspolizei, insgesamt 2.200 Mann, einberufen. Von all diesen wurden 3.660 entlang der Grenze zu West-Berlin stationiert, deren Überquerung sowohl für Fahrzeuge als auch für Fußgänger auf Anordnung der sowjetischen Militärbefehlshaber verboten war.

Während unsere Streitkräfte keine aktiven Schritte unternahmen, um die Unruhen zu beenden, gelang den Demonstranten der Widerstand gegen die Volkspolizei und die Kasernierte Volkspolizei, wodurch die Gefahr der Übernahme von Regierungsgebäuden und anderen wichtigen Orten durch die Aufständischen entstand. Angesichts dessen evakuierten wir gegen 10:30 Uhr die Mitglieder des ZK des SED-Politbüros und mehrere Mitglieder der DDR-Regierung in die Gebäude des Obersten Kommissars der UdSSR in Deutschland, die sich in Karlshorst befinden.

Angesichts der Unruhen, die sich in Berlin abgespielt hatten, zeigte sich das Stadtkomitee der SED am Morgen des 17. Juni verwirrt. Das Stadtkomitee bewies praktisch keine Führung gegenüber den regionalen Komitees. Um 10 Uhr morgens machten sich die Mitglieder des SED-Stadtkomiteesekretariats, einschließlich des leitenden Sekretärs Endretsky auf den Weg zu den wichtigsten Stadtwerken, um dortige Streiks zu verhindern. Die Mitarbeiter des Zentralen Sowjets des SNM, der regionalen Parteikomitees und 200 Mitglieder der städtischen Parteischule wurden ebenfalls zu den Stadtwerken geschickt. Obwohl die aktiven Mitglieder in der Lage waren, in zahlreichen Unternehmen Streiks abzuwenden, resultierte ihre Expedition zu den Unternehmen während der sich entwickelnden Straßenunruhen ebenso wie ihr Versäumnis, die Parteimitglieder aufzufordern, auf die Straße zu gehen, um die demokratische Regierung zu verteidigen, in einer Situation, in der die Hauptstraßen der Stadt im Wesentlichen in der Hand der besser organisierten Opposition waren. Es stimmt zwar, dass SED-Aktivisten sich an zahlreichen Orten mutig an handgreiflichen Auseinandersetzungen mit Aufständischen beteiligten, doch sie wurden vom Pöbel geschlagen.

Aus diesen Gründen wurde die Kontrolle der Situation in der Stadt im Wesentlichen in die Hände der sowjetischen Organe gelegt. Die im SED-Stadtkomitee verbliebenen zweitrangigen Mitglieder waren größtenteils mit der Informationsbeschaffung auf Anforderung des ZK beschäftigt.

Im SED-Stadtkomitee waren die Kanäle zum Empfang von Kommuniqués schlecht organisiert, als Resultat dessen war das Stadtkomitee nicht über die aktuelle Situation in den Betrieben informiert. Um 12 Uhr kehrten die Mitglieder des Sekretariats des Stadtkomitees zum Stadtkomiteesitz zurück und waren bis um 3 Uhr damit beschäftigt, „Propagandaargumente für die Bevölkerung zu formulieren“. Außerdem ergriff das Stadtkomitee die notwendigen Maßnahmen, um den kontinuierlichen Betrieb der Elektrizitätswerke, Wasserversorgung, städtischen Verkehrsmittel, Gaswerke und des Handelsnetzwerks sicherzustellen.

Das Präsidium der Volkspolizei in Berlin (V. Schmidt) leitete recht effektiv die Volkspolizei, die reibungslos funktionierte.

Die Hauptrolle bei der Auflösung der Demonstrationen und der Liquidierung der Straßenkämpfe in Berlin spielten die sowjetischen Streitkräfte. Es sollte erwähnt werden, dass die Aufständischen anfangs recht provokativ gegenüber unseren Truppen auftraten – sie kletterten auf unsere Panzer, warfen Steine nach den Truppen, usw. Vor dem Polizeipräsidium eröffneten unsere Streitkräfte das Feuer auf die Aufständischen. Dies schien einen stark ernüchternden Effekt zu haben, nach dem die Unruhen in der Stadt schnell abflauten. Am Abend war in der Stadt Ordnung hergestellt.

Insgesamt nahmen etwa 66 Tausend Menschen, einschließlich ungefähr 10 Tausend West-Berlinern, an den Straßendemonstrationen in Berlin am 17. Juni teil. Neben den Arbeitern schloss die Demonstration Kunsthandwerker, Händler und andere Teile des Kleinbürgertums ein.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite