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Stuttgarter Rede („Rede der Hoffnung”) des amerikanischen Außenministers James F. Byrnes (6. September 1946)

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Das war der Gang der Entwicklung, wie er in den Potsdamer Beschlüssen vorgesehen war, und das ist auch der Gang der Entwicklung, den die amerikanische Regierung mit ihrer ganzen Autorität verfolgen wird. Sie hat offiziell ihre Absicht ausgedrückt, die Wirtschaft ihrer eigenen Zone mit einer oder mit allen anderen zu vereinigen, die hierzu bereit sind.

Bis jetzt hat sich nur die britische Regierung bereit erklärt, mit ihrer Zone daran teilzunehmen. Wir begrüßen diese Zusammenarbeit aufs wärmste. Selbstverständlich soll diese Vereinigungspolitik nicht jene Regierungen ausschließen, die heute noch nicht zum Beitritt bereit sind; die Vereinigung steht ihnen zu jeder Zeit frei.

Wir treten für die wirtschaftliche Vereinigung Deutschlands ein. Wenn eine völlige Vereinigung nicht erreicht werden kann, werden wir alles tun, was in unseren Kräften steht, um eine größtmögliche Vereinigung zu sichern.

So wichtig auch die wirtschaftliche Vereinigung für die Gesundung Deutschlands und Europas ist, so muß das deutsche Volk doch einsehen, daß der Hauptgrund seiner Leiden und Entbehrungen der Krieg ist, den die Nazidiktatur über die Welt gebracht hat.

Aber gerade weil Leiden und Entbehrungen in Deutschland unvermeidlich sind, lehnt die amerikanische Regierung die Verantwortung für ein unnötiges Anwachsen der deutschen Not ab, die dadurch verursacht wird, daß es dem Alliierten Kontrollrat nicht gelingt, sich darüber zu einigen, dem deutschen Volk Gelegenheit zu geben, einige seiner dringenden wirtschaftlichen Probleme selbst zu lösen: in vielen lebenswichtigen Fragen wird Deutschland weder vom Kontrollrat regiert, noch gestattet ihm dieser, sich selbst zu regieren.

Für einen erfolgreichen Wiederaufbau Deutschlands ist eine gemeinsame Finanzpolitik wesentlich. Eine unkontrollierbare Inflation, begleitet von einer wirtschaftlichen Lähmung, ist fast mit Sicherheit zu erwarten, wenn keine gemeinsame Finanzpolitik zur Steuerung der Inflation besteht. Ein Programm drastischer Haushaltsreformen ist dringend erforderlich, um den Währungsumlauf und die Geldforderungen zurückzuschrauben, die Schuldenlast zu revidieren und Deutschlands Finanzen auf eine gesunde Grundlage zu stellen.

Die Vereinigten Staaten haben große Anstrengungen gemacht, um ein solches Programm zu verwirklichen; wenn aber eine verheerende Inflation verhindert werden soll, müssen völlig aufeinander abgestimmte Maßnahmen beschlossen und in allen Zonen einheitlich angewandt werden. Um ein Programm dieser Art wirksam durchzuführen, ist eine zentrale Finanzbehörde offensichtlich notwendig.

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