GHDI logo

Caligula. Eine Studie über römischen Cäsarenwahnsinn von Ludwig Quidde (1894)

Seite 7 von 14    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


Das Grausige und das Lächerliche grenzen gerade hier hart aneinander. Wenn einerseits die Vorliebe für prunk- und ruhmsüchtige Aktionen und für kriegerisches Schaugepränge zu den schauerlichsten Folgen, zu wahren Völkermetzeleien führt, so schlägt sie andererseits, wenn der Schein an Stelle schrecklicher Wirklichkeit tritt, gar leicht ins Komisch-Kindische um.

Bei Caligula tritt diese letztere Seite der Sache besonders scharf hervor. Die Zeitverhältnisse waren nicht darnach angethan, Kriege zu führen und kriegerische Triumphe zu gewinnen. Die Grenzen waren beruhigt, auf weitere Ausdehnung des Reiches hatte man verzichtet. Caligulas echtcäsarisch-krankhafte Sucht, auch auf militärischem Gebiete zu glänzen, warf sich deshalb auf spielerische Manöver und auf einen theatralischen Schein. Im Stile jenes Triumphzuges über den Golf von Bajae hat er noch mancherlei vollführt. Wir heben nur zwei besonders sprechende Beispiele hervor.

Ganz plötzlich faßte er den Entschluß, sich zum Heere an den Rhein zu begeben. Hals über Kopf mußte alles in Bewegung gesetzt werden (32). Bei der Armee angekommen, zeichnete er sich zunächst durch eine ganz ungewöhnliche disziplinarische Strenge auch gegen Offiziere aus (33): besonders die unglücklichen Führer, die bei dieser plötzlichen Mobilmachung nicht schnell genug auf dem Sammelplatz eintrafen, hatten seinen Zorn zu fühlen. Zugleich schien er, so wenig er auch selbst an seine eigene Jugend erinnert werden wollte (34), auf Verjüngung der Armee bedacht zu sein; er verfügte die Verabschiedung vieler älterer Centurionen mit der Begründung, daß sie zu alt oder zu hinfällig seien. Gegen andere schritt er wegen finanzieller Mißbräuche in der Verwaltung ein. Wenn das scharfe Anziehen der Disziplin auch diesem oder jenem als besondere Schneidigkeit imponiert haben mag, so hat es zugleich doch auch, wie wir aus den Berichten des Sueton ersehen, viel Unzufriedenheit hervorgerufen, und manche Maßregeln müssen unbefangenen Beurteilern geradezu als eine lächerliche Renommisterei erschienen sein, besonders wenn sie sahen, was sich nun weiter anschloß.

Der Kaiser ließ ein Manöver über den Rhein hinüber ausführen. Germanische Soldaten seiner Leibwache und als Geiseln anwesende Fürstensöhne mußten sich als Germanenkrieger verkleiden und unweit des Rheines Stellung nehmen; davon wurde, während der Kaiser bei Tafel saß, militärische Meldung durch die Vorposten erstattet, und über diesen „markierten" Feind, der sich gefangen nehmen ließ, wurde dann ein glorreicher Sieg erfochten; die dressierten Leibsoldaten und die armen Germanenjünglinge paradierten als Gefangene (35).

Das Soldaten- und Manöverspiel artete hier schon zu einer von aller Welt belachten Farce aus.

Fast noch grotesker wirkte die Unternehmung gegen Britannien, bei der Caligula schließlich seine Soldaten am Strande Muscheln sammeln ließ. Diese Beute des Meeres sollte wie eine Kriegstrophäe gelten (36) .

* * *

(32) Sueton 43.
(33) Sueton 44.
(34) Dio Cassius 59, 13.
(35) Sueton 45. — Vergl. dann über den Triumph in Rom Sueton 47.
(36) Sueton 47. Dio Cassius 59, 25.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite