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Carl von Clausewitz: Auszüge aus Vom Kriege (1832)

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Diese verschiedenen Richtungen, welche die Kriegsart nach einer vorherrschenden Waffe annimmt, werden selten so umfassend und durchgreifend sein, daß sie allein oder vorzüglich die Richtung des ganzen Unternehmens abgeben. Ob man den strategischen Angriff oder die Verteidigung, dieses oder jenes Kriegstheater, eine Hauptschlacht oder eines der anderen Zerstörungsmittel wählen soll, wird wohl durch andere wesentlichere Umstände bestimmt werden, wenigstens ist sehr zu befürchten, daß, wenn dies nicht der Fall sein sollte, man eine Nebensache für die Hauptsache genommen hätte. Aber auch wenn dem so ist, wenn die Hauptfragen bereits aus anderen Gründen entschieden worden sind, bleibt immer noch ein gewisser Spielraum für den Einfluß der vorherrschenden Waffenart, denn man kann im Angriff vorsichtig und methodisch, in der Verteidigung kühn und unternehmend sein usw. durch alle verschiedenen Stationen und Nuancen kriegerischen Lebens.

Umgekehrt kann die Natur des Krieges auf das Verhältnis der Waffen einen merklichen Einfluß haben.

Erstens: Ein auf Landwehr und Landsturm gestützter Volkskrieg muß natürlich eine große Menge Fußvolk aufstellen; denn in einem solchen fehlt es mehr an Ausrüstungsmitteln als an Menschen, und da die Ausrüstung ohnehin dabei noch auf das Allernotwendigste beschränkt wird, so kann man leicht denken, daß für eine Batterie von acht Geschützen nicht ein Bataillon, sondern zwei oder drei gestellt werden könnten.

Zweitens: Kann ein Schwacher gegen einen Mächtigen nicht zur Volksbewaffnung oder einem derselben nahe kommenden Landwehrstande seine Zuflucht nehmen, so ist allerdings die Vermehrung der Artillerie das kürzeste Mittel, seine schwache Streitkraft dem Gleichgewicht zu nähern; denn er gewinnt die Menschen und erhöht das wesentlichste Prinzip seiner Streitkraft, nämlich das Vernichtungsprinzip. Ohnehin wird er meistens auf ein kleines Kriegstheater beschränkt sein, und diese Waffe sich also mehr für ihn eignen. Friedrich der Große ergriff dies Mittel in den späteren Jahren des Siebenjährigen Krieges.

Drittens: Die Reiterei ist die Waffe der Bewegung und großen Entscheidungen; ihr Vorherrschen über das gewöhnliche Verhältnis ist also wichtig bei sehr ausgedehnten Räumen, großen Hin- und Herzügen und der Absicht großer entscheidender Schläge. Bonaparte gibt ein Beispiel davon.

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