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Fritz von Uhde, Heideprinzeßchen (1889)

Fritz von Uhde (1848-1911) entschloss sich, dieses kleine Mädchen auf einer großen, 140 mal 111 Zentimeter messenden Leinwand zu malen. Aus nächster Nähe und in voller Größe zu sehen, vermittelt das Mädchen eine Art von Selbstbewusstsein, dass unter den „Bengeln“ selten ist, die in den Kunstausstellungen des 19. Jahrhunderts eine so bedeutende Rolle spielten. Uhdes Gemälde folgte dem zeitgenössischen Trend weg vom sentimentalen und hin zu einem nüchternen Realismus, der sein Echo in den naturalistischen Dramen Gerhart Hauptmanns und anderer fand. Es scheint, als hätte Uhde die Individualität dieses Mädchen einzufangen versucht, ebenso wie er es bei den Kindern in Die Kinderstube getan hatte, das aus demselben Jahr stammt. Im vorliegenden Fall scheint er jedoch erfolgreicher gewesen zu sein und erreicht ein größeres Natürlichkeitsgefühl durch die Vermeidung jeglicher Andeutungen von Charme und Belustigung. Darüber hinaus ist die Urbanität von Die Kinderstube hier völlig zugunsten einer natürlichen Umgebung aufgegeben, was buchstäblich die Nähe des Kindes zu Natur nahe legt. Ebenso wichtig ist dessen Positionierung in einer wilden, brachliegenden Heidelandschaft im Gegensatz zu einer Blumenwiese. Wie Max Liebermann reiste Uhde nach Holland, wo er einen Freilichtstil (Pleinairismus) entwickelte, der Ende der 1880er Jahre den deutschen Trend vom Realismus zum Impressionismus beschleunigte. Einigen Kunsthistorikern zufolge trug die tiefe innere Bedeutung von Uhdes Werk zur Akzeptanz der neuen Kunst der 1880er Jahre unter den Deutschen bei, die sie zuvor als einen unwillkommenen, aus Frankreich importierten Stil betrachtet hatten. Spätestens 1889 zielte Uhde darauf ab, in seinem Werk so viel Licht, Luft und Unmittelbarkeit wie möglich zu vermitteln, und er hätte kaum ein besseres Sujet wählen können als dieses aufgeweckte, freie, unverkrampft auftretende kleine Mädchen.

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Fritz von Uhde, <i>Heideprinzeßchen</i> (1889)

© Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz
Original: Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nationalgalerie. Foto: Klaus Göken.