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Richtlinien der Zensur I (1914)

Information war von größter strategischer Bedeutung im Ersten Weltkrieg. Hier umreißt die deutsche Regierung die Logik hinter der Pressezensur. Die Denkschrift betont, wie wichtig die Geheimhaltung kritischer Informationen über die Truppenbewegungen vor den gegnerischen Streitkräften ist.

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I.

Unter Hinweis auf das vom Reichskanzler erlassene „Verbot von Veröffentlichungen über Truppenbewegungen und Verteidigungsmittel" wendet sich die Kriegsleitung in diesen ernsten Zeiten an die Presse als an das Organ, dessen Worte weit über die Grenzen des Reiches hinausgetragen werden.

Die Geschichte der letzten Kriege ist reich an Beispielen, wie leicht durch unvorsichtige Nachrichten dem Gegner der Aufmarsch der eigenen Streitkräfte verraten werden, und damit dem Verlauf des Krieges eine für das Vaterland verderbliche Wendung gegeben werden kann. Auch deutsche Zeitungen haben unbewußt in unseren letzten großen Kämpfen dem Gegner manchen wichtigen Aufschluß gegeben.

In neuester Zeit ist mit der Vervollkommung der Nachrichtenübermittelung die Gefahr, dem Vaterlande durch Veröffentlichungen zu schaden, gewachsen.

Mehr als je werden wir zur Zeit von unseren politischen Widersachern überwacht, jede unvorsichtige Veröffentlichung wird ihnen auf tausend Wegen mit Blitzeseile zugetragen. Selbst harmlos scheinende Mitteilungen genügen oft, um dem Gegner ein zutreffendes Bild unserer militärischen Lage zu geben. Wollen wir uns günstige Aussichten für einen Krieg sichern, so müssen unsere militärischen Maßnahmen vor dem Gegner und auch vor dem eigenen Lande geheim gehalten werden.

Sicher werden Ungewißheit und Zweifel gerade jetzt doppelt schwer empfunden werden, aber das Wohl des Vaterlandes fordert das Opfer strenger Verschwiegenheit in allen Fragen, die zum deutschen Heere und zur deutschen Flotte oder zu der Streitmacht von Verbündeten in irgend welcher Beziehung stehen. Auch Veröffentlichungen über militärische Vorgänge in allen anderen Staaten müssen bis zur Klärung der politischen Verhältnisse unterbleiben, da wir nicht wissen, welche Stellung diese Staaten zu uns einnehmen werden. Sobald diese Klärung erfolgt, wird die Presse unterrichtet werden.

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