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Abschied von Bundeskanzler Konrad Adenauer (15. Oktober 1963)

In seiner Laudatio auf den nur unter Druck zurückgetretenen 87-jährigen Kanzler hebt Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier nicht nur Adenauers innen- und außenpolitische Leistungen hervor, sondern weist auch auf seinen Regierungsstil hin, der oft als autokratisch kritisiert worden war.

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Warum in dieser Stunde vom Dank die Rede ist.
Der Wortlaut der Laudatio auf Konrad Adenauer/ Von Bundestagspräsident Dr. Eugen Gerstenmaier


Der Herr Bundespräsident hat mir folgendes Schreiben übersandt: Der Bundeskanzler, Herr Dr. Konrad Adenauer, hat mir mit Schreiben vom 10. Oktober 1963 den Rücktritt von seinem Amt erklärt. Ich habe diesen Rücktritt angenommen und werde dem Herrn Bundeskanzler heute nachmittag eine Urkunde überreichen, in der festgestellt wird, daß sein Amt mit Ablauf des 15. Oktober 1963 endet.

Verehrter Herr Bundeskanzler,

Diesem Haus und Ihnen selbst ist bewußt, daß es in einer parlamentarischen Demokratie kein ungewöhnlicher Vorgang ist, wenn ein Regierungschef sein Amt verläßt und auf seinen Abgeordnetensitz zurückkehrt. Der Deutsche Bundestag beabsichtigt auch nicht, mit dieser Sitzung einen Vorgang zu schaffen, der unbedingt zur Regel werden soll. Aber dieses Haus steht mit allen seinen Teilen so sehr unter dem Eindruck des Außergewöhnlichen und Bedeutsamen, das sich heute ereignet, daß es niemand gab, der dieser Sitzung widersprach.

Auch heute haben sich hier nicht nur Ihre Freunde, Weggefährten und Bewunderer vereint, sondern auch Ihre Kritiker und politischen Gegner. Ich weiß, daß in diesem Haus noch manche Wunde schmerzt, die in den Jahren Ihrer Kanzlerschaft geschlagen wurde. Um so höher aber ist der Rang dieser Stunde, in welcher die oberste Vertretung des deutschen Volkes allein dazu zusammentritt, um dem ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland dafür zu danken, daß er, obwohl in hohem Alter, standhaft und kraftvoll 14 Jahre hindurch die Bürde des schwersten Amtes trug, das Deutschland zu vergeben hat.

Der geschichtliche Rang dieser Stunde wird, wie mir scheint, schon daran deutlich, daß Sie, Herr Bundeskanzler, in hundert Jahren sturmbewegter deutscher Geschichte der einzige sind, der nach langer Regierungszeit unbesiegt und im Frieden von einem vergleichbaren Stuhle steigt und gelassen auf den Sitz zurückkehrt, von dem Sie hier am 15. September 1949 aufgestanden sind.

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