| Über seinen gestrigen Vortrag bei Sr. M. dem Kaiser Franz Joseph |
in Ischl teilt mir Graf Berchtold nachstehendes mit: |
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S. M. der Kaiser habe mit grosser Ruhe die Sachlage besprochen. |
Zunächst habe er seinem lebhaften Dank Ausdruck gegeben für die |
Stellungnahme unseres Allergnädigsten Herrn und der kaiserlichen |
da S. M. pro Memoria | Regierung und geäussert, er sei ganz unserer Ansicht, dass man |
etwa 14 Tage alt ist, so | jetzt zu einem Entschluss kommen müsse, um den unleidlichen |
dauert das sehr lang! | Zuständen Serbien gegenüber ein Ende zu machen. Über die |
Das ist doch eigentlich | Tragweite eines solchen Entschlusses, fügte Graf Berchtold hinzu, |
Entschlusses selbst | sei sich S. M. völlig klar. |
entworfen! | |
| Der Minister hat hierauf dem Kaiser Kenntnis gegeben von den zwei |
Modalitäten, die in bezug auf das nächste Vorgehen gegen Serbien |
hier in Frage stünden. S. M. hätten gemeint, es liesse sich vielleicht |
dieser Gegensatz überbrücken. Im ganzen hätten aber S. M. eher |
aber sehr! | der Ansicht zugeneigt, dass konkrete Forderungen an Serbien zu |
und unzweideutig! | stellen sein würden. Er, der Minister, wolle auch die Vorteile eines |
| solchen Vorgehens nicht verkennen. Es würde damit das Odium |
einer Überrumpelung Serbiens, das auf die Monarchie fallen würde, |
vermieden und Serbien ins Unrecht gesetzt werden. Auch würde |
dieses Vorgehen sowohl Rumänien als auch England eine |
wenigstens neutrale Haltung wesentlich erleichtern. Die |
dazu haben sie Zeit | Formulierung geeigneter Forderungen gegenüber Serbien bildet |
genug gehabt | gegenwärtig hier die Hauptsorge, und Graf Berchtold sagte, er |
| würde gern wissen, wie man in Berlin darüber denke. Er meinte, |
man könne u. a. verlangen, dass in Belgrad ein Organ der |
österreichisch-ungarischen Regierung eingesetzt werde, um von |
dort aus die grosserbischen Umtriebe zu überwachen, eventuell |
auch die Auflösung von Vereinen und Entlassung einiger |
der! | kompromittierter Offiziere. Die Frist zur Beantwortung müsse |
Hartwig ist todt! | möglichst kurz bemessen werden, wohl 48 Stunden. Freilich würde |
| auch diese kurze Frist genügen, um sich von Belgrad aus in |
den Sandschack räumen! dann ist | Petersburg Weisungen zu holen. Sollten die Serben alle gestellten |
der Krakehl sofort da! den muss | Forderungen annehmen, so wäre das eine Lösung, die ihm „sehr |
Österreich unbedingt sofort | unsympathisch“ wäre, und er sinne noch darüber nach, welche |
wiederhaben, um die Einigung | Forderungen man stellen könne, die Serbien eine Annahme völlig |
Serbiens und Montenegros | unmöglich machen würden. |
und das Erreichendes Meeres | |
seitens der Serben zu hindern! | Der Minister klagte schliesslich wieder über die Haltung des Grafen |
| Tisza, die ihm ein energisches Vorgehen gegen Serbien erschwere. |
Graf Tisza behaupte, man müsse „gentleman like" vorgehen, das sei |
aber, wenn es sich um so wichtige Staatsinteressen handele und |
Mördern gegenüber nach dem, | besonders einem Gegner wie Serbien gegenüber schwerlich |
was vorgefallen ist! Blödsinn! | angebracht. |
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| Der Anregung der Kaiserlichen Regierung, schon jetzt die öffentliche |
Meinung in England im Wege der Presse gegen Serbien zu stimmen |
– worüber Graf Szögyény telegraphiert hat – wird der Minister gern |
folgen. Nur müsse dies, seiner Meinung nach, noch vorsichtig |
gemacht werden, um Serbien nicht vorzeitig zu alarmieren. |
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Der Kriegsminister wird morgen auf Urlaub gehen, auch Freiherr |
Conrad von Hötzendorf Wien zeitweilig verlassen. Es geschieht |
dies, wie Graf Berchtold mir sagte, absichtlich, um jeder |
kindisch! | Beunruhigung vorzubeugen. |
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ungefähr wie zur Zeit der Schlesischen Kriege! |
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„Ich bin gegen die Kriegsräthe und Berathungen, sintemalen die |
timidere Parthey allemal die Oberhand hat." |
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Frd. d. Gr. |