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Vertrag zwischen Deutschland und England über die Kolonien und Helgoland (1. Juli 1890)

Dieser Vertrag legte den Kolonialstreit zwischen Deutschland und Großbritannien vorübergehend bei. Tanganjika wurde als deutsche Kolonie anerkannt; im Gegenzug ließ Deutschland von seinen Ambitionen in Britisch-Kenia ab. Die Übereinkunft sprach dem Reich die Nordseeinsel Helgoland nahe der schleswig-holsteinischen Küste zu. Der Vertrag löste in Deutschland nationalistisch motivierte Proteste aus, da er den deutschen kolonialen Plänen in Bezug auf weite Teile Ostafrikas eine Absage zu erteilen schien.

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Die Unterzeichneten:

der Reichskanzler, General der Infanterie von Caprivi,

der geheime Legationsrat im Auswärtigen Amt Dr. Krauel,

der außerordentliche und bevollmächtigte Botschafter Ihrer britannischen Majestät Sir Edward Baldwin Malet,

der Vorsteher der afrikanischen Abteilung Ihrer Majestät Auswärtigen Amtes, Sir Henry Percy Anderson

haben nach Berathung verschiedener, die Kolonialinteressen Deutschlands und Großbritanniens betreffender Fragen namens ihrer Regierungen folgendes Abkommen getroffen:

Artikel I.

In Ostafrika wird das Gebiet, welches Deutschland zur Geltendmachung seines Einflusses vorbehalten wird begrenzt:

1. Im Norden durch eine Linie, welche an der Küste vom Nordufer der Mündung des Umbeflusses ihren Ausgang nimmt und darauf in gerader Richtung zum Jipe-See läuft. Dem Ostufer des Sees entlang und um das Nordufer desselben herumführend, überschreitet die Linie darauf den Fluß Lumi, um die Landschaften Taveta und Dschagga in der Mitte zu durchschneiden und dann, entlang an dem nördlichen Abhang der Bergkette des Kilima-Ndscharo, in gerader Linie weiter geführt zu werden bis zu demjenigen Punkte am Ostufer des Victoria-Nyanza-Sees, welcher von dem ersten Grad südlicher Breite getroffen wird. Von hier den See auf dem genannten Breitengrade überschreitend, folgt sie dem letzteren bis zur Grenze des Congostaates, wo sie ihr Ende findet. Es ist indessen Einverständnis darüber vorhanden, daß die deutsche Interessensphäre auf der Westseite des genannten Sees nicht den Mfumbrio-Berg umfaßt. Falls sich ergeben sollte, daß dieser Berg südlich des genannten Breitengrades liegt, so soll die Grenzlinie in der Weise gezogen werden, daß sie den Berg von der deutschen Interessenspähre ausschließt, gleichwohl aber zu dem vorher bezeichneten Endpunkte zurückkehrt.

2. Im Süden durch eine Linie, welche, an der Küste von der Nordgrenze der Provinz Mozambique ausgehend, dem Laufe des Flusses Rovuma bis zu dem Punkte folgt, wo der M`sinjefluß in den Rovuma mündet, und von dort nach Westen weiter auf dem Breitenparallel bis zu dem Ufer des Nyassa-Sees läuft. Dann sich nordwärts wendend, setzt sie sich längs den Ost-, Nord- und Westufern des Sees bis zum nördlichen Ufer der Mündung des Songweflusses fort. Sie geht darauf diesen Fluß bis zu seinem Schnittpunkte mit dem 33. Grad östlicher Länge hinauf und folgt ihm weiter bis zu demjenigen Punkte, wo er der Grenze des in dem ersten Artikel der Berliner Konferenz beschriebenen geographischen Congobeckens, wie dieselbe auf der dem 9. Protokoll der Konferenz beigefügten Karte gezeichnet ist, am nächsten kommt. Von hier geht sie in gerader Linie auf die vorher gedachte Grenze zu und führt an derselben entlang bis zu deren Schnittpunkte mit dem 32. Grad östlicher Länge; sie wendet sich dann in gerader Richtung zu dem Vereinigungspunkte des Nord- und Südarmes des Kilamboflusses, welchem sie dann bis zu seiner Mündung in den Tanganika-See folgt.

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