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Das Streben nach Orden und Titeln (7. Januar 1889)

In vielen Werken erwies sich der bekannte Romanautor und Dichter Theodor Fontane (1819-1898) als kritischer Beobachter des zeitgenössischen Lebens und der preußischen Eliten, obgleich er mitnichten ein Gegner des Staates war. In diesem Brief vom 7. Januar 1889 an seinen Freund Georg Friedländer kritisiert Fontane, dass es notwendig sei, offizielle Titel für gesellschaftliches Ansehen erlangen zu müssen. Dennoch hat auch er nicht die Absicht, die Ehrung abzulehnen.

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Sie gratulieren mir zu dem Orden. [ . . . ] Man kriegt die Orden für Andre, nur in dieser Beleuchtung haben sie Werth, aber dann auch einen wirklichen Werth. Wäre ich ein gesellschaftlich angesehener Mann, ein Gegenstand von Huldigungen oder auch nur Achtung, die man allseitig meiner Stellung oder meinem Vermögen entgegenbrächte, so bedeutete mir solche Auszeichnung, mit der ich mich übrigens kaum je vor der Welt herumzieren werde, so gut wie nichts. Angesichts der Thatsache aber, daß man in Deutschland und speziell in Preußen nur dann etwas gilt, wenn man „staatlich approbirt" ist, hat solch Orden einen wirklichen praktischen Wert: man wird respektvoller angekuckt und besser behandelt. Und so sei denn Goßler gesegnet, der mich „eingereicht" hat.



Quelle: Theodor Fontane, Briefe an Georg Friedländer, herausgegeben und eingeleitet von Kurt Schreinert. Heidelberg, 1954, S. 102.

Abgedruckt in Gerhard A. Ritter und Jürgen Kocka, Hg., Deutsche Sozialgeschichte 1870-1914. Dokumente und Skizzen. 3. Aufl. München: C.H. Beck, 1982, S. 81.

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