Der Bayerische Landtag
Ausschuss für den Staatshaushalt München, 11. März 1948
Der Berichterstatter führt aus, daß sich der vorliegende Antrag gegen eine der übelsten und bedrückendsten Zeiterscheinungen richtet, nämlich gegen die Verwahrlosung und Gefährdung unserer Jugend. Welches Ausmaß diese Gefährdung angenommen hat, ergibt sich aus den täglichen Zeitungsberichten, den Gerichtsberichten, den Berichten der Polizeibehörden und der Wohlfahrts- und Fürsorgeorganisationen, die eine erschütternde Sprache sprechen. Die Verwahrlosung und Gefährdung der Jugend hat sehr tiefe Ursachen. Es handelt sich um die Auswirkung der falschen Erziehungsgrundsätze des dritten Reiches, das jahrelange Fehlen der Väter und oft auch der Mütter, die einem Verdienst nachgehen mußten. Die Ursachen liegen ferner in der jahrelangen vollständigen Unzulänglichkeit der Schulen, in der gesamten Unruhe und dem Durcheinander unserer Zeit, in der Anwesenheit der vielen Ausländer usw. Auch die mit der Besatzung zusammenhängenden Fragen spielen herein.
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Schwingenstein befürwortet unter Hinweis auf die Ausführungen des Berichterstatters eine straffere Durchführung der hier in Frage kommenden Gesetze. Er erklärt, daß er gestern bei verschiedenen Jugendämtern vorgesprochen habe und erschüttert gewesen sei über die Dinge, die er dort erfahren habe und die Deutschland bereits als ein Sodom und Gomorra erscheinen lassen. Es handelt sich heute nicht so sehr um den Aufbau der Städte als vielmehr um den Aufbau der Menschen von innen heraus und namentlich um den Aufbau unserer Jugend. Jugendgesetze sind recht, aber man sollte auch ein Gesetz gegen die Verwahrlosung schamloser Eltern erlassen; denn diese sind die Hauptschuldigen.
Die Verwahrlosung der Jugend trifft man nicht nur bei den sogenannten unteren Ständen an, sie geht hinauf bis in die sogenannten oberen Schichten und wirkt sich hier in Bezug auf die Raffiniertheit der geschlechtlichen Betätigung in relativ erhöhtem Grade aus. Manche verwahrloste Eltern leben heute von der legalisierten Prostitution ihrer Kinder. Das Dirnenwesen hat bereits wieder einen Umfang angenommen, daß sich eine anständige Frau am Abend nicht mehr auf der Straße sehen lassen kann.
Vor der Simmernschule treiben sich Schwarzhändler herum, Ausländer, aber auch Deutsche. Sie bieten Zigaretten und Gummiverhütungsmittel (!) an. Umkreist sind sie von der neugierigen Jugend, der hier wirklich ein „Anschauungsunterricht“ geboten wird.
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Wir werden unsere Städte umsonst aufbauen, wenn wir nicht wieder die anständigen Bewohner bekommen wie im alten Deutschland. Das ist aber nicht nur möglich durch gesetzliche Methoden, wie der Mitberichterstatter mit Recht erwähnt hat, sondern auch durch eine entsprechende Erziehung. Unser Volk, vor allem unsere Kinder müssen wieder religiös erzogen werden.
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