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Kommuniqué zur Wiedergutmachung gegenüber Israel und den Juden (10. September 1952)

Die ersten westdeutschen Wiedergutmachungsregelungen auf Länder- und ab 1949 auf Bundesebene knüpfen den Leistungsbezug an einen Wohnsitz in Westdeutschland. Damit ist ein großer Teil der jüdischen Emigranten und Flüchtlinge zunächst ausgeschlossen. Im September 1951 erklärt sich Bundeskanzler Adenauer zu Verhandlungen mit dem Staat Israel über deutsche Wiedergutmachungsleistungen bereit. Nach schwierigen Verhandlungen und trotz massiver Widerstände im Kabinett, in den Koalitionsfraktionen und in der bundesdeutschen Öffentlichkeit wird am 10. September 1952 das Luxemburger Abkommen zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet. Es sieht zeitlich gestreckte Leistungen im Wert von drei Milliarden DM als Ausgleich für die Kosten der Eingliederung der Flüchtlinge in Israel vor. Außerdem wird die Zahlung von 450 Millionen DM an die „Conference on Jewish Material Claims against Germany“ vereinbart, die sich 1951 gegründet hatte und die Forderungen von Juden im westlichen Ausland außerhalb Israels vertritt.

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Heute, am 10. September 1952, 8.00 Uhr, ist in Luxemburg das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel unterzeichnet worden, durch das die Bundesrepublik, in der Absicht, in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit den materiellen Schaden der nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen gegen das jüdische Volk wiedergutzumachen, dem Staate Israel auf Grund der von diesem geltend gemachten Forderungen die Erstattung von Eingliederungskosten zusichert, die Israel durch die Aufnahme jüdischer Flüchtlinge aus Deutschland und den ehemals unter deutscher Herrschaft stehenden Gebieten erwachsen sind. Die Unterzeichnung wurde durch Bundeskanzler Dr. Adenauer und durch den israelischen Außenminister, Herrn Moshe Sharett, vorgenommen.

Ferner wurden durch Bundeskanzler Dr. Adenauer und das Mitglied des Präsidiums der Conference on Jewish Material Claims against Germany, Herrn Dr. Nahum Goldmann, zwei Protokolle unterzeichnet. Das erste dieser Protokolle legt Grundsätze zur Verbesserung der geltenden Wiedergutmachungsgesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland fest, deren Durchführung die Bundesregierung in die Wege leiten wird. In dem zweiten Protokoll sagt die Regierung der Bundesrepublik Deutschland zu, eine Globalzahlung zugunsten der Conference on Jewish Material Claims against Germany zu leisten. Diese Globalzahlung wird von den in der Claims Conference zusammengeschlossenen jüdischen Verbänden zur Unterstützung, Eingliederung und Ansiedlung jüdischer Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung in verschiedenen Ländern verwendet werden.

Mit der Unterzeichnung des Vertrages und der beiden Protokolle haben die Verhandlungen, die seit dem 21. März 1952 in Den Haag zwischen Vertretern der Bundesrepublik Deutschland, Vertretern des Staates Israel und Beauftragten der in der Claims Conference zusammengeschlossenen jüdischen Weltverbände geführt worden sind, ihren erfolgreichen Abschluß gefunden.



Quelle: Kommuniqué zur Wiedergutmachung gegenüber Israel und den Juden (10. September 1952), abgedruckt in Reinhard Bettzuege, Hg., Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Dokumente von 1949 bis 1994. Köln: Verlag Wissenschaft und Politik, 1995, S. 200 f.; auch abgedruckt in Merith Niehuss und Ulrike Linder, Hg., Besatzungszeit, Bundesrepublik und DDR, 1945-1969. Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 10. Stuttgart: P. Reclam, 1998, S. 234-36.

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