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Vermittlungen zwischen einem Abt und dessen Untertanen – Weingarten (Oberschwaben) (1432)

Die Reichsabtei Weingarten, ein Benediktinerkloster, gehörte zu den reichsten Klöstern der süddeutschen Territorien. Ihr Abt, der zugleich ein Reichsfürst war, herrschte über Ländereien, die sich über ca. 306 Quadratkilometer vom Allgäu bis zum nördlichen Ufer des Bodensees erstreckten und sowohl Ackerland als auch Wälder und Weinberge einschlossen. Die Geschichte der Abtei war von Machtkämpfen zwischen dem Abt und seinen ländlichen Untertanen gezeichnet, deren Ergebnis ein parlamentarischer Staat war, an dessen Verwaltung die Untertanen ein hohes Maß an Mitsprache hatten. Dieses Dokument vom 9. Dezember 1432 stellt eine Stufe in dieser politischen Entwicklung dar. Es gibt die Ergebnisse einer Zusammenkunft im Rathaus der Reichsstadt Ravensburg wieder, bei der königliche Gesandte zwischen dem Abt und seinen Untertanen vermittelten. Die Verhandlungen betrafen die Regulierung wesentlicher Belange des täglichen Lebens: Erbschaftssteuer, Pachtverträge, sowie die Rechtssituation der Untertanen.

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Wir, dis nachgeschriben Marquart von Kungsegk, landcomnitur in Elsässe tutsches ordens, Jacob Truchsess zů Walpurg und Houpt zů Bappenhaim, des hailigen römischen richs erbmarschaclk, verienhen offenlich und tügen [kund] allen den, die disen brieff yemmer ansienhend oder hörend lesen, als umb sölich zwaiung, stosse und spenn, so gewesen und ufferstanden sind, zwuschen den erwirdigen gaistlichen herren, hern Johannsen Plaurer, apt des gotzhus zů Wingarten, und sinen conventherren desselben gotzhus uff ain und iren armen luten uff die andern sÿte. Darumb uns der allerdurchluchtigost furst und herre, hern Sigmund, romischer kunig, zů allen zÿten merer des richs und zů Ungern, Beheim, Dalmatien, Croatien etc. kunig, unser allergnädigoster herre, under sinem kunglichen insigel geschriben, befolhen, gebotten und gantze volle maht gegeben hat, baid obgenannt parthie fur uns zů vordern, tag zů setzen und sÿ mit der minne oder mit dem rechten zů verrichten und entschaiden etc., alsdenn das derselb brieff clärlicher inhalt.

Und uff das so haben wir baid obgenannt parthÿe umb die berürten ir spenne fur uns gevordert und in darumb ainen tag her gen Ravenspurg verkundet und gesetzt, uff den tag als diser brieff geben ist.

Und als nu baid tail fur uns kommen sind, so sigen wir hie zů Ravenspurg uff dem rathus nÿder gesessen und haben baid tail durch ir fursprechen umb alle ir spenne mit statten luter gehört und darzů ir brieff, der sÿ begerten, vor uns zů verlesen. Und als das beschach, so haben wir sovil darin gerett und zwuschen in getädingt, das baid tail mit irem gůten willen, gunst und unbezwungenlich derselben ir spenne gantz hinder uns und uff uns kommen und gegangen sind und uns daruff die egenannten apt Johanns und sin conventherren in gegenwirtikait der erwirdigen gaistlichen herren, hern Martins, apt zů Rot, und hern Johannsen, apt in der Mindern Ow bÿ Ravenspurg gelegen Premonstrater ordens, und suss vil ander erber, biderber lute, die och dabÿ waren, mit iren truwen in min, deß egenannten Jacoben Truchsessen, hannd zů Gott und den hailigen gelopt und verhaissen haund. So haben die egenannten armen lut, die dem bedauhten gotzhus zů Wingarten zů gehören, och in min, Jacob Truchsessen, hannd mit iren truwen geloupt und daruff allesampt liplich aide mit uffgebotten vingern zů Gott und zů den hailigen geschworn, also wie wir sy umb ir spenn ußrichten, entschaiden und zwuschen in ußsprechen, es sÿ gütlich oder rechtlich, das sÿ das baider syte fur sich selbe, alle ir nachkommen und erben ymmer, öwenglich, getruwlich, war, stet, vest und unzerbrochenlich halten und dabÿ beliben söllen und wöllen und dawider nymmer mer getůn noch von yeman anders schaffen getan werden weder haimlich noch offenlich noch in kainen wege alles an alle gevärde.

[1.] Und uff das so haben wir alle drÿ zům ersten ainmütiglich zwuschen in ußgesprochen, das aller unwille, zwaÿunge und stösse und was sich bis uff hut disen tag, als diß brieff geben ist, unfruntlichß zwuschen baiden obgenannten parthÿen, und wer von iren wegen darzů gewant und verdauht ist, ain schlehte, gesünte gerichte sach haissen und sin sol fur sÿ und menglichs von iren wegen, und söllen die egenannten unser herren, der apt und sin conventherren, die berürten irs gotzhus armen lute dehainer vergangen sache noch handels nit engelten laussen, sunder ir gnädig herren sin. Es söllen och dieselben armen lute hinfur der egenannten unser herren und irs gotzhus getruw und gehorsam lute haissen und sin und inen von dehainer vergange sache wegen och nit dest unwilliger sin, alles ane alle gevärd und argliste.

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