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Regensburger Pöckhenknecht Ordnung (17. Juni 1588)

Neben der Territorialgemeinde und der Universität war die Zunft eine der wesentlichen Neuerungen der mittelalterlichen Gesellschaft. Ihr Zweck war sowohl die Regulierung von Löhnen, Produktion und Preisen als auch die politische, gesellschaftliche und religiöse Interessenvertretung. Zünfte und ähnliche Einrichtungen waren ursprünglich von Handwerkern verschiedener Sparten gegründet worden, und diese Regensburger Zunftordnung vermittelt einen Eindruck der schöpferischen Freiheit, die Handwerksmeister in der Vergangenheit genossen. (Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde diese Freiheit jedoch schon durch Regulierung einerseits und Oligarchie andererseits eingeschränkt.) In der Zunftordnung werden die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bäckerlehrlinge in Regensburg bestimmt. Sie wurde von den Handwerksmeistern aufgestellt, legt jedoch gegenseitige Rechten und Pflichten zwischen Meistern und Lehrlingen fest – ein Grad von Freiheit, der in der Lüneburger Zunftordnung nur abgeschwächt und in der hessischen gar nicht vorhanden ist. Zusammen genommen, bilden die drei Ordnungen ein Spektrum: je größer die körperschaftliche Autorität, desto stärker die Betonung auf Vertrautheit und gemeinsame Interessen; je größer die territoriale Autorität, desto stärker die Betonung auf die Regulierung der Produktion. Die Regensburger Zunftordnung geht ausführlich auf die Gegenseitigkeit zwischen Meister und Lehrling ein sowie auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen und das Privatleben der Letzteren, einschließlich ihrer Trinkgelage. Im Mittelpunkt ihrer Lebensgemeinschaft steht die Kasse der Bruderschaft, deren Verwaltung sie mit den Bäckermeistern teilen.

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Einer Erbarn Hannß Beuelch, wie sich füro die Pöckhenkhnecht haltten, was sie thuen oder lassen sollen.


[1] Erstlichen solln die Knecht ihr Bruderschafft miteinander halten, vund all Jar 2 Meister vnd Maisterkhnecht zu der büxen verordnet werden, dieselben sollen vier Schlüssel haben, zu der büxen gehörig, damit einer ohne den andern nit auffspören möge.

[2] Es solln auch die erwölten Vierer alle Jahr ihres Einnehmen vnnd ausgebens der Bruederschafft in beisein zweyer Pöckhen auffrichtige Rechnung thuen.

[3] Ithem so sollen mit allein die knecht, sonndern auch die Meisterssöhn, so an Knechts statt arbeiten, alle Monat zu der Püxen gehen, vund ein ieder ain khreuzer aufflegen, als dann solle solch gelt allwegen auffgeschriben vnd in die verordnete büxen gelegt werden.

[4] Item wenn die Verordneten Vierer sambt den khnechten zu der büxen gehen, so sol kein Knecht ainige wöhr bey ihm tragen, bey straff 10 Regenspurger Pfennig.

[5] Item so die verordneten bey der büxen sein, die solln ieder Zeit züchtig sein, vnd sich mit wortten vnd werckhen bescheidentlich haltten, bey straff zehen Regbg. Pfennig. es mechte sich aber einer so gar vngebirlich haltten, das soll alsbalt vnuerzogentlich ainem herrn hanßgraffen Jederzeit angezaigt werden.

[6] Vnnd so dan iezt gemelter massen, ainer oder mehr gestrafft werden, so soll dasselbig gelt zu Monatsfristen gesamblet dauon mügen die verordneten vnd die khnecht, was ihnen guet bedunkhen, in die büxen einlegen, vnd ihnen ein zimblicher vortl zue Quattember zu verdrinnkhen gegeben werden.

[7] Item so die Knecht von der büxen gehen, solln sie züchtig sein, wie vorgemelt, vnd von stundt an, zu der arbeit heimbgehen, bey straff zehn Regenspurger.

[8] Item alle knecht, so alhero komen, die solln die macht haben, acht tag zu arbeiten, vnd nach ausgang derselben sol sich ein ieder des lohns halben, mit seinem Pöckhen vnd Maister vergleichen, wie sie khünen vnd mügen, doch sollen die Meisterskhnecht oder helffer, wie die genannt werden, so ihrem Meister die arbeit versehen mögen, vier wochen ehe vnnd sie aus der arbeit stehen, ainem Meister zuuor auffsagen, desgleichen sol ihme der Pöckh auch thuen, aber der kein Meisterkhnecht oder helffer ist, der soll wie vorgemelt acht tage seinem Meister zuuor auffsagen, desgleichen der Pöckh.

[9] Es solln auch die Pöckhenkhnecht iederzeit zu rechter weil vnnd zeit heimbgehen, vnnd ihrer arbeit wartten, welche aber solches nit thuen die solln nach gelegenheit darumben gestrafft werdn.

[10] Item alle Pöckherknecht, wenn sie zöegen wolln, die solln zu ihrem vattern vor andern wirtten gehen, dieweilln er ohne dz verordnet ist, die fremden Knecht zu haltten, sie habenn gelt oder nicht bey straff zehen Regensburger Pfennig.

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