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Die Wiederzulassung der Juden in Brandenburg (1671)

Wie es im spätmittelalterlichen Europa und dem Europa der Reformation oftmals geschah, wurden die brandenburgischen Juden 1573 in einer Welle der Intoleranz, welche mit dem Übergang vom Katholizismus zum Luthertum einherging, des Landes verwiesen. Landbesitzer sowie Höflinge, die bei jüdischen Geldgebern in der Schuld standen, kamen derartige Vertreibungen häufig sehr gelegen. 1671 erließ die brandenburgisch-preußische Regierung unter Friedrich Wilhelm im Zuge eines ambitionierten wirtschaftlichen Entwicklungsprogramms nach Ende des Dreißigjährigen Krieges folgendes Edikt, das fünfzig jüdischen Familien die Rückkehr unter den unten genannten Bedingungen erlaubte. Oliver Cromwell hatte einige Jahre zuvor in England einen ähnlichen Weg beschritten, wenn auch unter anderen Umständen. Christliche Händler und andere Bürger, bisweilen angestachelt von judenfeindlichem Klerus, wandten sich häufig gegen die Anwesenheit der Juden. Aus diesem Grund warnt dieses Edikt die städtischen Magistrate, die Juden vor Diskriminierung und anderen Formen der Misshandlung zu beschützen.

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Edict wegen auffgenommenen 50. Familien Schutz-Juden, jedoch daß sie keine Synagogen halten.

vom 21. May 1671.


WIr Friderich Wilhelm, von Gottes Gnaden, Marggraff zu Brandenburg, des Heil. Röm. Reichs Ertz Cammerer und Churfürst, etc.

Bekennen hiermit öffentlich, und geben einem jeden dem es nöthig, in Gnaden zuwissen, wie daß Wir aus sonderbaren Vrsachen, und aufs Vnterthänigstes Anhalten, Hirschel Lazarus, Benedict Veit, und Abraham Ries, Juden, bevorab zu Beforderung Handels und Wandels bewogen worden, einige von andern Orten sich wegbegebende Jüdische Familien, und zwar funfftzig derselben, in Unser Lande der Chur- und Marck Brandenburg, und in Vnseren sonderbaren Schutz gnädigst auf- und anzunehmen, thun auch solches hiemit und Krafft dieses auff folgende Conditiones:

1. Wollen wir ermeldten funfftzig Jüdischen Familien, derer Namen, und Anzahl von Personen, auch an was Ort sich jedweder niedergelassen, uns forderlichst durch eine richtige Specification kund gethan werden soll, in gedachte Vnsere Lande der Chur- und Marck Brandenburg, auch in Unser Hertzogthum Crossen und incorporirte Landen hiemit auffgenommen haben, dergestalt und also, daß ihnen Macht gegeben seyn sol, in denen Oertern und Städten, wo es ihnen am gelegensten ist, sich niederzulassen, allda Stuben, oder gantze Häuser, Wohnungen und Commodität vor sich zu miethen, zu erkauffen oder zu erbauen, doch in der Masse, daß, was sie Kauffweise an sich bringen, Widerkäuflich geschehe, und was sie erbauen, auch nach Verfliessung gewisser Jahre an den Christen wieder verlassen werden müsse, jedoch, daß ihnen die Unkosten davor restituiret werden.

2. Sol diesen Jüdischen Familien vergönnet seyn, ihren Handel und Wandel im gantzen Lande dieser Vnser Chur- und Marck Brandenburg, Hertzogthumb Crossen und incorporirten Oertern, Vnsern edicten gemäß zu treiben, wobey wir ihnen noch ausdrücklich nachgeben, offene Krahme und Buden zu haben, Tücher und dergleichen Wahren, in stücken zuverkauffen oder auch Ellenweise außzumessen, groß und klein Gewichte zu halten (doch daß sie dadurch keine Vervortheilung im Kauff oder Verkauff) noch auch denen Rahts-Wagen, odet wo der Magistrat das grosse Gewichte hat, etwas abgehe, mit Neuen und Alten Kleidern zu handeln, ferner in ihren Häusern zu schlachten, und was sie zu ihrer Nohtdurfft und ihrem Gesetze nach von dem geschlachteten nicht bedürffig, solches zu verkauffen, und endlich überall an denen Orten, wo sie wohnen, auch anderßwo ihre Nahrung, sonderlich auch mit Wolle und Specereyen, gleich andern Einwohnern dieser Landen zu suchen, und auff Jahr- und Wochen-Märcken Ihre Wahren feil zu haben.

3. Gleich wie Wir sie aber obig auff Vnsere Edicten verwiesen, also sollen sie ferner denen Reichs Constitutionibus, so der Juden halber verfüget, Ihren Handel gemäß führen, und demnach aller verbotenem Kauffmanschafft, sonderlich gestolener Güter, so viel immer möglich, sich enthalten, die Einwohner dieser Landen, noch sonst Niemanden, im Handel zur Vnbilligkeit nicht beleidigen, nicht vorsetzlich umb das Ihre bringen oder beschweren, nicht Wucher mit ihren Geldern treiben, sondern an demjenigen Zinß sich vergnügen lassen, so der Judenschafft zu Halberstadt von uns zugelassen worden, wie es denn mit Ihnen wegen erkaufften gestohlenen Gutes gleich im Halberstädtischen gehalten werden sol.

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