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Helmuth von Moltke: Memorandum zu einem möglichen Krieg zwischen Preußen und Österreich (1866)

In einem Memorandum vom April 1866 zu einem möglichen Krieg zwischen Preußen und Österreich beschreibt Moltke wie man am effizientesten Truppenteile an die Front verlagert und erläutert, wie durch den effizienten Einsatz der Eisenbahn die unterlegene preußische Truppenstärke ausgeglichen werden könne. Der Textabschnitt betont die Notwendigkeit vergrößerter Transportkapazitäten und weist auf die Wirkungen schneller Mobilisierung hin – Faktoren, die tatsächlich im folgenden Sommer zum preußischen Sieg beitrugen.

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Denkschrift. Berlin, den 2. April 1866.

Der Krieg gegen Oesterreich, seine Wahrscheinlichkeit oder Unvermeidlichkeit, liegt als politische Frage außerhalb meiner Beurtheilung. Von meinem Standpunkt aus glaube ich aber die Ueberzeugung aussprechen zu müssen, daß das Gelingen oder Mißlingen dieses Kriegs wesentlich davon abhängt, daß der Entschluß dazu früher hier als in Wien und wenn möglich schon jetzt gefaßt wird.

Ein nicht hoch genug zu veranschlagender Vortheil liegt für uns darin, daß wir unsere Armee auf fünf Bahnlinien heranführen und sie dadurch in 25 Tagen an der Sächsisch-Böhmischen Grenze im Wesentlichen konzentrirt haben können.

Oesterreich hat nur eine Bahn nach Böhmen und braucht, um nach Abzug der schon dort und noch in Galizien vorhandenen Truppen, ferner unter Annahme, daß seine Kavallerie sich bereits auf dem Fußmarsch befindet, — um zunächst überhaupt 200 000 Mann zu versammeln, 45 Tage.

Hält nun Bayern zu Oesterreich, so ist es weit weniger seine Armee als die Benutzung seiner Bahn Regensburg-Pilsen-Prag, welche uns nachtheilig wird, da solche die eben angeführte Oesterreichische Konzentration um etwa 15 Tage abkürzt.

Wird schon jetzt die Mobilmachung der Preußischen Armee befohlen, so ist das für den Krieg so wenig vorbereitete Bayern mit Rüstung, Mobilmachung und Konzentration seiner ungefähr 40 000 Mann etwa bei Bamberg aller Wahrscheinlichkeit nach noch nicht fertig, wenn schon die erste Schlacht zwischen Oesterreich und Preußen geschlagen wird. Die Aufstellung der Bayerischen Streitkräfte hat auch wohl weit weniger den Zweck, Coblenz und Cöln oder selbst nur Erfurt zu belagern und sich Preußischen Gebiets zu bemächtigen, als vielmehr den Erfolg abzuwarten und dann als gerüstete Macht auf die Seite des Siegers zu treten.

Für uns kommt es darauf an, nur den einen Feind Oesterreich niederzuwerfen, dafür müssen wir alle Kräfte aufbieten, und nach meiner unvorgreiflichen Meinung wird nicht nur das VII., sondern auch das VIII. Armeekorps dafür heranzuziehen sein.

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