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Gesetz betreffend den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Brüsseler Vertrag (Paris, 23. Oktober 1954)

Im Zusammenhang mit der Aufnahme in die NATO verzichtete die Bundesregierung freiwillig auf die Entwicklung, Produktion und Anwendung atomarer Waffen. Dies fiel nicht schwer, da inzwischen im Innern eine Debatte über die Konsequenzen des Atomzeitalters ausgebrochen war. Diese Debatte wurde nicht zuletzt durch Veränderungen in der amerikanischen Strategie zur Verteidigung Westeuropas angeheizt, standen den USA doch seit 1953 sogenannte taktische Nuklearwaffen zur Verfügung, die zur Abschreckung eines sowjetischen Angriffs dienen sollten, aber auch zum Einsatz kommen würden, sollte die Abschreckung versagen. Nach verschiedenen Studien und Manövern wurde den Politikern und der Bevölkerung immer klarer, dass Deutschland im Ernstfall ein nukleares Schlachtfeld mit Hunderttausenden von Toten werden würde.

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Seine Majestät der König der Belgier, der Präsident der Französischen Republik und Präsident der Französischen Union, der Präsident der Bundesrepublik Deutschland, der Präsident der Italienischen Republik, Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin von Luxemburg, Ihre Majestät die Königin der Niederlande und Ihre Majestät die Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und Ihrer übrigen Reiche und Gebiete, Haupt des Commonwealth, als Unterzeichner des Protokolls zur Änderung und Ergänzung des Brüsseler Vertrags, haben zu ihren Bevollmächtigten bestellt [ . . . ] und folgendes vereinbart:

Teil 1 – Unzulässige Rüstungsproduktion

Artikel 1

Die Hohen Vertragschließenden Teile und Mitglieder der Westeuropäischen Union, nehmen die Erklärung des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland (am 3. Oktober 1954 in London abgegeben und diesem Protokoll als Anlage I beigefügt) zur Kenntnis, mit welcher die Bundesrepublik Deutschland sich verpflichtet hat, in ihrem Gebiet keine Atomwaffen, biologischen und chemischen Waffen herzustellen und geben ihre Zustimmung zu Protokoll. Diese Waffenarten, auf die sich dieser Artikel bezieht, sind in Anlage II näher bezeichnet. Die Definitionen dieser Waffenarten werden von dem Rat der Westeuropäischen Union genauer bestimmt und auf den neuesten Stand gebracht.

Artikel 2

Die Hohen Vertragschließenden Teile, Mitglieder der Westeuropäischen Union, nehmen ferner die vom Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland mit derselben Erklärung eingegangene Verpflichtung zur Kenntnis und geben ihre Zustimmung zu dieser Verpflichtung zu Protokoll, wonach bestimmte weitere Waffenarten im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht hergestellt werden, es sei denn, dass der Rat der Westeuropäischen Union auf Grund einer dem Bedarf der Streitkräfte entsprechenden Empfehlung des zuständigen Oberbefehlshabers der Organisation des Nordatlantikvertrages und eines entsprechenden Antrages der Regierung der Bundesrepublik Deutschland mit Zweidrittelmehrheit beschließt, Änderungen oder Streichungen in dem Verzeichnis dieser Waffen vorzunehmen. Die in diesem Artikel bezeichneten Waffenarten sind in Anlage III aufgeführt.

Teil II – Kontrollierte Rüstung

Artikel 3

Ist die Entwicklung der Atomwaffen, der biologischen und chemischen Waffen in dem Gebiet derjenigen Hohen Vertragschließenden Teile auf dem europäischen Festland, die auf das Recht zu deren Herstellung nicht verzichtet haben, über das Versuchsstadium hinaus gediehen und hat dort die eigentliche Fertigung begonnen, so wird die Höhe der Bestände, die die betreffenden Hohen Vertragschließenden Teile auf dem europäischen Festland unterhalten dürfen, vom Rat der Westeuropäischen Union mit einfacher Stimmenmehrheit festgesetzt.

Artikel 4

Unbeschadet der vorstehenden Artikel unterliegen die in Anlage IV aufgeführten Rüstungstypen in dem Ausmaß und in der Weise der Kontrolle, wie dies in Protokoll Nr. IV festgelegt ist.

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