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Das „Jesuitengesetz” (4. Juli 1872)

Der Begriff Kulturkampf wurde von dem deutschen Pathologen und liberalen Politiker Rudolf Virchow (1821-1902) geprägt, um das Ringen zwischen der katholischen Kirche und dem preußischen Staat zu beschreiben. Kurz nach der deutschen Einigung 1871 leiteten Bismarck und sein Kultusminister Adalbert Falk (1827-1900) eine Reihe von Gesetzesinitiativen ein, welche die Autonomie der katholischen Kirche in Deutschland aushöhlen sollten. Im Juli 1872 verbot das unten wiedergegebene Jesuitengesetz den Jesuitenorden. Als Friedensangebot an die deutsche Zentrumspartei, die katholische Interessen vertrat, wurde § 2 dieses Gesetzes am 8. März 1904 aufgehoben, doch andere Paragraphen blieben bis zum 19. April 1917 in Kraft.

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Gesetz betreffend den Orden der Gesellschaft Jesu vom 4. Juli 1872


§ 1. Der Orden der Gesellschaft Jesu und die ihm verwandten Orden und ordensähnlichen Kongregationen sind vom Gebiet des Deutschen Reichs ausgeschlossen.

Die Errichtung von Niederlassungen derselben ist untersagt. Die zur Zeit bestehenden Niederlassungen sind binnen einer vom Bundesrath zu bestimmenden Frist, welche sechs Monate nicht übersteigen darf, aufzulösen.

§ 2. Die Angehörigen des Ordens der Gesellschaft Jesu oder der ihm verwandten Orden oder ordensähnlichen Kongregationen können, wenn sie Ausländer sind, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen werden; wenn sie Inländer sind, kann ihnen der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten versagt oder angewiesen werden.

§ 3. Die zur Ausführung und zur Sicherstellung des Vollzugs dieses Gesetzes erforderlichen Anordnungen werden vom Bundesrathe erlassen.

Bad Ems, 4. Juli 1872

Wilhelm
Prinz von Bismarck



Quelle: Reichsgesetzblatt, 1872, S. 253.

Abgedruckt in Ernst Rudolf Huber, Hg., Dokumente zur Deutschen Verfassungsgeschichte, 3. bearb. Ausg., Bd. 2, 1851-1900. Stuttgart: Kohlhammer, 1986, S. 461.

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