Zwischen Hauptstadt und Landgut. Kindheitserinnerungen einer Tochter des schleswig-holsteinischen Adels
Elise von Bernstorff
Am 27. Januar 1789 bin ich in Kopenhagen geboren und erhielt am 15. Februar in der heiligen Taufe den Namen Elise.
Meine Eltern waren Magnus Graf v. Dernath, damals in dänischen Diensten, und Charlotte, geborene Gräfin Bernstorff. Mein Vater hatte keine Geschwister und starb als Letzter seines Stammes, da seine Söhne ihm vorangegangen waren. [ . . . ]
Mütterlicherseits war die nächste Verwandtschaft desto reicher, und ich nenne hier außer den Großeltern Bernstorff die Geschwister meiner Mutter, nicht nur weil sie eine so große Rolle in diesen Blättern spielen werden, nicht nur weil ich von Kind auf mit schwärmerischer Liebe und Verehrung an ihnen hing, sondern hauptsächlich weil der zweite, der Lieblingsbruder meiner Mutter, Christian, im Jahre 1806 mein Gemahl wurde. [ . . . ]
Mein Großvater mütterlicherseits war der dänische Staatsminister Andreas Petrus Graf v. Bernstorff, Besitzer des herrlichen Gutes Bernstorff bei Kopenhagen [ . . . ]
Ich habe nur sonnige, glückliche Erinnerungen aus meiner frühen Kindheit. Ebenso heiter wie der Sommer mit seinen ländlichen Freuden verstrich mir der Winter in Kopenhagen. Die Einsamkeit, in der ich aufwuchs, weil mir Schwestern versagt und die Brüder mir entrissen waren, empfand ich keineswegs als solche, zumal nicht, ehe ich eine Gouvernante bekam, denn da spielte ich den ganzen Tag bei meiner Mutter im Zimmer umher, meistentheils mit Puppen, die ich wie Kinder liebte.