Prinz Heinrich an Friedrich (Sankt Petersburg, 14. Juni 1770)
Ich gebe zu, dass meine Fantasie von dieser Idee beflügelt war, als Sie mir die Ehre erwiesen und mir das erste Mal von den Vorschlägen berichteten, die Ihnen gemacht worden waren, wenn diese auch vage blieben. Aber selbst wenn das für mich ein Hirngespinst ist, erscheint es mir dennoch so angenehm, dass es mir schwer fällt, darauf zu verzichten. Ich würde Sie gerne als Herr über die Ufer der Ostsee und mit der gewaltigsten Macht Deutschlands den Einfluss teilen sehen, den diese vereinten Kräfte in Europa haben könnten. Wenn das auch nur ein Traum ist, so ist er doch sehr anmutig, und Sie können sicher sein, dass die Aufmerksamkeit, die ich Ihrem Ruhm entgegenbringe, mich seine Erfüllung erhoffen lässt.
Friedrich an Prinz Heinrich (Potsdam, 25. Juni 1770)
Ich stelle fest, mein lieber Bruder, dass es Ihnen in Sachen Politik nicht an einem gesunden Appetit mangelt; was mich betrifft, so bin ich gealtert und habe diesen Appetit, der mich in meiner Jugend auszeichnete, verloren. Ihre Ideen sind zweifellos hervorragend, aber der Wind des Schicksals muss günstig stehen, um bei solchen Unternehmungen erfolgreich zu sein, und dessen wage ich mich nicht zu rühmen und kann es auch nicht. Dennoch ist es immer gut, solche Projekte in der Hinterhand zu haben, um sie zu verwirklichen, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Wir stehen zwischen zwei Großmächten, Österreich und Russland; es ist sicher, dass wir bis jetzt noch zu schwach sind, um zwischen ihnen ohne Risiko eine unparteiische Haltung einzunehmen und dieser Aufgabe gut nachzukommen; aber die größte Bürde ist, dass weder Österreich noch Russland allzu große Lust haben, zu unserer Vergrößerung beizutragen.