GHDI logo

Friedrich Wilhelm III., König von Preußen, „Edikt, betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in dem Preußischen Staate” (11. März 1812)

Seite 2 von 3    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


§ 13. Den auf dem platten Lande wohnenden Juden und ihren Angehörigen steht nur frei, denjenigen Handel zu treiben, der den übrigen Bewohnern desselben gestattet ist.

§ 14. Mit besondern Abgaben dürfen die einländischen Juden, als solche, nicht beschweret werden.

§ 15. Sie sind aber gehalten, alle den Christen gegen den Staat und die Gemeinde ihres Wohnorts obliegende bürgerliche Pflichten, zu erfüllen, und mit Ausnahme der Stol-Gebühren, gleiche Lasten, wie andere Staatsbürger zu tragen.

§ 16. Der Militair-Konscription oder Kantonpflichtigkeit, und den damit in Verbindung stehenden besondern gesetzlichen Vorschriften sind die einländischen Juden gleichfalls unterworfen. [ . . . ]

§ 17. Ehebündnisse können einländische Juden unter sich schließen, ohne hierzu einer besondern Genehmigung oder der Losung eines Trauscheins zu bedürfen, in so fern nicht nach allgemeinen Vorschriften die von Andern abhängige Einwilligung oder Erlaubniß zur Ehe überhaupt erforderlich ist.

§ 18. Eben dieses findet statt, wenn ein einländischer Jude eine ausländische Jüdin heirathet.

§ 19. Durch die Heirath mit einer einländischen Jüdin erlangt aber kein fremder Jude das Recht, in hiesige Staaten sich niederzulassen.

§ 20. Die privatrechtlichen Verhältnisse der Juden sind nach eben denselben Gesetzen zu beurtheilen, welche andern Preußischen Staatsbürgern zur Richtschnur dienen.

§ 21. Ausnahmen finden bei solchen Handlungen und Geschäften statt, welche wegen der Verschiedenheit der Religionsbegriffe und des Kultus an besondere gesetzliche Bestimmungen und Formen nothwendig gebunden sind.

[ . . . ]

§ 29. In Absicht des Gerichtsstandes und der damit verbundenen vormundschaftlichen Verwaltung findet ebenfalls zwischen Christen und Juden kein Unterschied statt. Nur in Berlin bleibt es vorerst bei dem, den Juden angewiesenen besonderen Gerichtsstande.

§ 30. In keinem Fall dürfen sich Rabbiner und Juden-Aeltesten weder eine Gerichtsbarkeit noch eine vormundschaftliche Einleitung und Direktion anmaßen.

§ 31. Fremden Juden ist es nicht erlaubt, in den hiesigen Staaten sich niederzulassen, so lange sie nicht das Preußische Staatsbürgerrecht erworben haben.

§ 32. Zur Erwerbung dieses Bürgerrechts können sie nur auf den Antrag der Regierung der Provinz, in welcher die Niederlassung erfolgen soll, mit Genehmigung Unsers Ministerii des Innern, gelangen.

§ 33. Sie genießen alsdann mit den Einländern gleiche Rechte und Freiheiten.

§ 34. Fremde Juden, als solche, dürfen weder als Rabbiner und Kirchenbediente, noch als Lehrburschen, noch zu Gewerks- oder Hausdiensten angenommen werden. Es erstrecket sich jedoch dieses nicht auf diejenigen vergeleiteten Juden, welche sich zur Zeit der Publikation des gegenwärtigen Edikts bereits in Unsern Staaten befinden.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite