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Die berufliche Beschäftigung von Frauen: konservative und liberale Ansichten (1872)

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Bedenken Sie doch, meine Herren, was Sie tun, wenn Sie die Wege für ehrlichen Erwerb der Frauen beschränken. Glauben Sie denn, daß es besser für die Gesellschaft und besser für die armen Personen ist, wenn Sie dieselben auf die Straße werfen, der Prostitution zum Opfer, als daß sie in unangenehme Geschäftsverhältnisse, etwa in eine unangenehme, ihr Zartgefühl verletzende Unterhaltung mit unverschämten Leuten an dem Schalter geraten?“

Die Quelle der Prostitution sei nicht vorzugsweise Liederlichkeit, sondern Armut; wenn man über die Erwerbsfähigkeit der Frauen entscheide, dann müsse man diesen Zusammenhang zwischen Prostitution und Erwerbstätigkeit deutlich sehen. - Nachdem die Gewerbefreiheit es den Frauen freigestellt habe, Kräfte zu erproben und nach Fähigkeit Stellen auszufüllen oder zu scheitern, sei es fehl am Platze – „daß wir aber die Vorsehung spielen, [ . . . ] erst prüfen, wie viele Nachtwachen die Person vertragen kann, ob ihre Kräfte für den Dienst ausreichen und ob sie nicht Eigenschaften besitzt, die sie für den Dienst unpassend machen?“ – Bei dem Manne geschehe es auch nicht, und was die Klatschsucht und Eitelkeit der Männer anbelange, so sei diese bei Männern ebenso verbreitet wie bei Frauen; er als praktischer Arzt wisse es!

Er verweist auf die positiven Erfahrungen in Süddeutschland, v.a. in Baden, dort habe Mathy die Frauen wegen der Billigkeit ihrer Arbeitskraft eingestellt – wenn der Generalpostmeister dies ablehne, so stimme er zu, denn: „wenn die Frau die gleiche Arbeit leistet wie ein Mann, so soll sie auch die gleiche Bezahlung bekommen und in jeder Weise ebenso angestellt sein, wie der Mann angestellt ist.“

Für den Telegraphendienst seien die Frauen ganz besonders geeignet; die Erfahrungen in England und Baden hätten bewiesen, daß die Frauen geschickter seien als die männlichen Anwärter; wenn der Generalpostmeister Qualität wolle, dann solle er die Einstellung von Frauen erwägen und an die Frauen dieselben geographischen und orthographischen Anforderungen stellen wie an die Männer. Anschließend müsse der Versuch die körperliche Tauglichkeit beweisen.

Abwarten müsse man auch, ob die Frau heirate oder nicht und ob sie im Falle der Heirat aus dem Dienst ausscheiden solle – „die Frauen stehen doch dann unter dem Disziplinargesetz, und wenn sie ihren Dienst deshalb, weil sie sich verheiratet haben, schlecht vollziehen, so setzen Sie sie ab.“ –

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