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Die berufliche Beschäftigung von Frauen: konservative und liberale Ansichten (1872)

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denn die Damen werden ausscheiden aus dem Amt, „das nun doch einmal den eigentlichen Lebensberuf der Frau nicht bildet. Ja, wenn man Schranken aufstellen könnte, wenn es ein gewisses Alter gäbe, welches bei den Frauen gegen das Heiraten absolut sicherte, dann wäre die Regelung dieses Punktes ganz einfach, aber ich glaube, [ . . . ] daß ein solches Alter schwer zu finden sein wird, und wiederum sich einen Revers ausstellen zu lassen, wonach die eintretenden weiblichen Postsekretäre zu einem Verzicht auf das Heiraten sich verpflichten, würde eine Grausamkeit gegen die Jüngeren sein und wider das Naturrecht verstoßen“.

Anerkennenswert seien alle Tendenzen der Frauenbildungs- und Erwerbsvereine, so müsse er doch die Frage stellen:

„ob diese ganze Sache nicht bei dem verkehrten Ende angefaßt wird. Wenn es möglich wäre, anstatt des im Erfolg zweifelhaften Wirkens für den direkten Eintritt in das öffentliche Leben, wo sie doch der Natur nach nicht hingehören, die Mittel und Kräfte dafür zu vereinigen und zu verwenden, daß die Männer eher das Ziel eines lohnenden Berufs erreichen und leichter in den Stand gesetzt werden zu heiraten, dann würden die Frauen sicherlich ihrer naturgemäßen Bestimmung in viel ausgedehnterem Maße entgegengeführt werden; und sie brauchten alsdann nicht solche, der Bestimmung des Weibes nicht gemäße Wege zu betreten.“ Die beste Versorgung der Frauen bei der Post sei die Heirat mit einem Postbeamten.

Dr. Löwe (Fortschrittspartei, später Freisinn):
[Laut Dr. Löwe:]

Der Generalpostmeister nannte keine sachlichen Gründe gegen die Verwendung der Frauen, „sondern nur allgemeine Anschauungen über Frauen im allgemeinen, die nach meiner Meinung auf Vorurteilen beruhen“.

Hinsichtlich des gemischten Publikums und „schlechten Verkehrs“ sollen die Frauen selbst entscheiden, ob er für sie schlecht sei oder nicht.

„So lange Sie aber kein Gesetz für gute Familiensitte und Ordnung geben, das den Mädchen verbietet, Ladenmädchen, Kellnerinnen oder gar Schankmädchen zu werden, in Bierkneipen aufzuwarten, in Restaurationen und Gastwirtschaften den Verkehr mit den Gästen zu unterhalten, so lange, glaube ich, haben wir kein Recht, vom Staate die Prüderie zu verlangen, daß er sie nicht hinter dem Schalter stehen lassen darf, um Briefe in Empfang zu nehmen, damit sie nicht einer etwaigen Konversation mit Kommis voyageurs ausgesetzt sind.

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