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Die Auswirkungen sozialdemokratischer Aktivitäten und Arbeitslosigkeit auf ein Arbeiterehepaar (um 1880)

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sagte mir, daß zunächst die wirtschaftliche Lage nicht vernachlässigt werden dürfte, wenn man der Partei nützen wolle. Bei meinem Mann konnte ich mit solchen Anschauungen nicht ankommen. – In der größten Not hatte ich wieder Beschäftigung als Lederstepperin in einer größeren Schuhwarenfabrik gefunden und suchte so gut als möglich uns durchzuhelfen. Mein Mann jedoch ließ nach meiner Berechnung eine für unsere Verhältnisse zu große Summe in den Wirtshäusern und tat nach meiner Ansicht nichts, oder doch nur wenig, um unsere traurige Lage zu bessern, – kurz gesagt, er wurde nach meiner Auffassung lüderlich und gleichgültig gegen die Häuslichkeit. Als dann die Zeit kam, daß er seine erste Strafe antreten mußte, war ich wohl ziemlich mit den Prinzipien des Sozialismus vertraut, aber ich bedauerte ihn mehr als Genossen, als daß mir seine Entfremdung als Ehegattin nahe ging.



Quelle: „Lebensbilder XIX: Von einem Ehepaar sozialdemokratischer Gesinnung,“ in Ethische Kultur 2 (1894): S. 398.

Abgedruckt in Klaus Saul, Jens Flemming, Dirk Stegmann und Peter-Christian Witt, Hg., Arbeiterfamilien im Kaiserreich. Materialien zur Sozialgeschichte in Deutschland 1871-1914. Düsseldorf: Droste, 1982, S. 40-41.

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