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Carl Ferdinand von Stumm-Halberg, Ansprachen an seine Angestellten (um 1889)

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Was das Heiratsverbot anlangt, so habe ich [ . . . ] konstatiert, daß in meiner Arbeitsordnung von einem Verbot der Heiraten ebensowenig die Rede sei, wie von einem Verbot von Prozessen und Klagen. Es ist lediglich vorgeschrieben: der Arbeiter soll mir vorher seine Absicht anzeigen, damit ich in der Lage bin, wenn ich es für zweckmäßig halte, unnötige Klagen abzuwenden, resp. törichte Heiraten zu verhindern. Daß ich in einzelnen Fällen so weit gehe, zu sagen: [ . . . ] ich halte die Heirat für ganz leichtfertig, z. B. wenn ein Mensch von achtzehn, neunzehn Jahren, der kränklich und noch nicht einmal ausgewachsen ist, der geringen Lohn und nichts gespart hat, ein Mädchen heiraten will, die ebensowenig etwas gespart hat, also mit Sicherheit zu erwarten steht, daß hier eine unglückliche Ehe eintritt, wo die Leute ihre Kinder gar nicht einmal ernähren können, daß ich in solchen Fällen sage: wenn Ihr meinem Rat nicht folgt, hebe ich das Arbeitsverhältnis auf, natürlich mit Kündigung –, das versteht sich ganz von selbst. [ . . . ] Wenn halbreife Burschen, welche noch keinen auskömmlichen Lohn beziehen, vorzeitig heiraten und Kinder in die Welt setzen, so werden sie nicht imstande sein, die letzten zu ernähren und zu erziehen, und sie werden die notwendige Kraft und Freudigkeit verlieren, ihre Arbeit zu verrichten.

Das notwendige Korrelat solcher Bestimmungen ist natürlich auch, daß ich mich verpflichtet fühle, wenn die Leute ihre Ehe eingegangen sind und ohne ihr Verschulden nicht in der Lage sind, ihre Kinder zu ernähren, ihnen auch meinerseits beizustehen, also mit anderen Worten, die Konsequenz aus meinem System zu ziehen und zu sagen: wenn ihr meinen Anforderungen und meinem Rat folgt, so stehe ich dafür auch für euch ein. Das eine ist mit dem anderen verbunden. Wenn ich aber in der Tat zulassen wollte, daß meine Arbeiter in der leichtsinnigsten Weise Ehen eingehen, sich dadurch geradezu ruinieren, dann würde kein Mensch von mir verlangen können, daß ich für sie einstehe; sonst würde ich eine Prämie auf den Leichtsinn setzen, und dazu bin ich nicht gewillt, und ich würde nicht glauben, eine sittliche Pflicht damit zu erfüllen.

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